Verfahren gegen 93 Rapid-Rowdys
165 Rapid-Rowdys griffen die Polizei an. Das war vor sieben Monaten. Die Kripo forschte 93 aus und zeigte sie nun an.
Der radaufreudige harte Kern des Rapid-Anhangs könnte eine Vielzahl künftiger Spiele geschlossen versäumen. Haftbedingt, läuft doch gegen gleich 93 Rowdys ein monströses Strafverfahren.
Der Fall war Chefsache: Polizeipräsident Gerhard Pürstl hat die Ermittlungen persönlich angeordnet. "Wenn einige wenige das Gros der anständigen Fans terrorisieren, dann ist Schluss mit lustig", so Pürstl zum KURIER. Man hätte schon früher ein- und durchgreifen müssen, bekritteln mit der Szene befasste Beamte. Endgültig zum Überlaufen kam das Fass dann aber am 21. Mai.
Rückblick
Rapid spielte daheim, Erzrivale Austria in Linz. Polizisten fiel auf, dass sich großteils amtsbekannte grün-weiße Rädelsführer nach dem Match im "Rapid-Dorf" unüblich benahmen: Es wurde nicht gegrölt und auch nicht gesoffen, vielmehr verhielten sich die Capos konspirativ, einige hatten Masken eingesteckt. Der Reihe nach verschwanden sie von der Bildfläche, um sich draußen zu formieren - und zum Westbahnhof zu ziehen, den verhassten Austria-Anhang "abholen", wie es "erlebnisorientierte Fans", so der Szene-Jargon, nannten.
Die Polizei ging mit einem viel zu kleinen Aufgebot am Bahnsteig in Stellung und sah sich dort noch nie dagewesenen Aggressionen ausgesetzt: Die Horde kam mit Kampfgeschrei über die Stiegen gestürmt, die Ordnungshüter wurden im Kung-Fu-Stil angesprungen und mit allem beworfen, was zu greifen war. "Das waren Szenen, die man nicht vergisst", erinnert sich ein WEGA-Mann, der einiges gewöhnt ist.
Doch dieses Mal ging man nicht zur Tagesordnung über und beließ es auch nicht bei den sonst üblichen Anzeigen gegen unbekannte Täter. Präsident Pürstl beauftragte das Landeskriminalamt (LKA), die Attacke "ausführlich zu untersuchen". Grunddelikt: Landfriedensbruch in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung, schwerer Sachbeschädigung und Widerstand gegen die Staatsgewalt.
Abschlussanzeige
Jetzt ist die Abschlussanzeige des LKA bei Staatsanwalt Thomas Vecsey eingelangt, 15 Aktenordner inklusive. Darin penibel aufgelistet:
Gezählte 165 an den wüsten Szenen beteiligte Rowdys, 93 davon identifiziert. Das war vor allem möglich, weil zufällig am Tag vor der Prügelei Kameras in der Bahnhofshalle installiert worden waren. Die haben zwar nicht den Überfall gefilmt, wohl aber Anmarsch und Rückzug der Randalierer. Videoauswertung, monatelange Ermittlungen und zahllose Verhöre führten schließlich zum Ziel.
Das Verfahren " gegen Oliver P. und andere " sprengt nun alle bisherigen Dimensionen (siehe Hintergrund) . Kommt es zu einem Prozess gegen die bislang bekannten Beschuldigten, der große Schwurgerichtssaal würde nicht ausreichen. "Vielleicht machen wir die Westkurve zur Anklagebank", ätzt ein Justiz-Insider. Die Anmietung eines geeigneten Ausweichquartiers wird bereits ernsthaft überlegt, infrage käme etwa das Austria-Center. Und bei der Polizei rechnet man damit, bei der Verhandlung Sicherheitsvorkehrungen wie bei einem Hochrisikospiel treffen zu müssen.
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Den Leitfiguren drohen hohe Haftstrafen Zum Hauptartikel
Im Verhör hatte Oliver P., 27, Capo der Ultras in der "West", noch frech beklagt, wieso sein Foto von der Randale nur die Nummer 47 trägt, wo er doch die "Nummer eins" sei. Dem Einwand wurde Rechnung getragen, nun führt er die Verdächtigenliste in der Akte an. Für P. und andere Leitfiguren der Szene könnte es vor Gericht sehr eng werden. Einige haben bedingte Strafen offen, P. nach der Randale 2007 in Kapfenberg zwölf Monate. Seit der Vorwoche soll er noch weitere rechtliche Probleme haben: Die Rede ist einmal mehr von einer alkoholbedingten Schlägerei, anschließender Autofahrt (mit Führerscheinabnahme) und aggressivem Verhalten gegenüber den Polizisten.
Rapid sah bisher keinen Grund, Stadionverbote über P. & Co. zu verhängen. Im Gegenteil: Funktionäre halten an ihnen fest, attestieren unersetzbare Aufgaben in der Fangemeinde, etwa was die Choreografie anbelangt. Sogar für anwaltlichen Beistand will man sorgen, man sei eben "eine Familie mit Zusammenhalt".
Harter Kern
Der Verdacht hat zwei strafrechtliche Aspekte: Die Beteiligung an der Randale, strafrechtlich eben "Landfriedensbruch" (bis zu zwei Jahre Haft). Bis drei Jahre sind es für jene, die gegen Absatz 2 der Bestimmung verstoßen haben, also an den Ausschreitungen tatkräftig mitgewirkt haben. Dieser "harte Kern" umfasst 30 Personen.
Was Stadionverbote anbelangt, halten Insider eine Grundlage dafür im Veranstaltungsgesetz für überlegenswert.
http://kurier.at/nachrichten/wien/1963609.php