So, liebe Leute, heute ist der vorletzte Abend in Ghana fuer mich, morgen Nacht geht der Flieger nach Duesseldorf.
Rund um den Africa Cup haben heute Drogba und Kanoute fuer Aufsehen gesorgt, als sie bekanntgaben, dass bei der Wahl Afrikas Spieler des Jahres, Drogba als Erstplazierter einfach auf Platz 2 hinter Kanoute gesetzt wurde, weil er nicht zur Preisverleihung kommen wollte (konnte):
http://www.kicker.de/news/fussball/intl ... kel/374838
In den Viertelfinals haben sich alle Favoriten durchgesetzt und Ghana ein weiteres Fussballfest erlebt - bei dem aber zumindest laut Daily Star
5 Fottball Fans killed wurden bei all der Feierei. Ausserdem titelschlagzeilte das Blatt die Frage ob Ghanaer in Nigeria nach der Niederlage
gesteinigt worden sind - um dies auf der zweiten Seite gleich wieder zu verneinen.
Neben all des Fussball- und Nachrichtenblaettern habe ich nun auch eine
Sexpostille erstanden, die unter all bemerkenswerten Schlagzeilen aller Zeitungen mit "Snake kills Rapist during the act" eindeutig triumphiert. Frauen und Schlangen, das ist eine Kombinantion, die dem christlichen Manne nie gut bekam.
Keine Scham kennt dieses Blatt bei der Schilderung sexueller Akte, gleichwohl gibt es keinerleit Nackte oder gar pornographischen Taetige zu betrachten.
Mir faellt nebenbei auf, dass (auch) ich inzwischen jeder weissen Frau hinterher gucke
Ausserdem gab es heute zu lesen, dass ein nicht-sprechender Mann bei einem Gang ueber fremde Haeuserdaecher einbrach und im Schlafzimmer einer Frau und ihrer beiden Kinder landete.
Wie offenbar taeglich brannte ein Teil irgendeines Marktes in einer der Metropolen, herbeieilende Marktjungen, die dort auch naechtigen, riefen die Feuerwehr, aber da nahm niemand ab. Gefundene Hydranten erwiesen sich als defekt oder, wenn funktionierend, als abgeschaltet. So loeschten die heldenhaften Jungen den Brand mit improvierten Mitteln. Die Verurasacher sind laut Blatt "
dope smoking Criminals", waehrend eine der Marktfrauen jedoch eine Nachbarin beschuldigte eine Kerze brennen gelassen zu haben.
Verkehr
Wie man es aus vielen Laendern fern der StVO kennt, regiert auf Ghanas Strassen der totale Individualismus, obwohl sich meistens an Ampelzeichen gehalten wird. Ansonsten wird spurgewechselt wie es beliebt, gerne auch direkt von der innersten "Spur" des Cyrcels ueber drei weitere direkt in die Ausfahrt, mit Handzeichen, Hupen und Lichthupe. All das geschieht kaum ruecksichtslos sondern meist und freundlichem Winken und Abstimmen und es erfordert weit mehr Sozialkompetenz als eine Verkehrsgeschehen, sagen wir, in Deutschland, wo wir ja roborthaft und sicher ueber die Strassen udn Kreuzungen gleiten. Der Vorteil ist dabei natuerlich, dass wir weniger sterben und unsere cognitive Kraft wichtigeren Dingen widmen koennen.
Cape Coast
Sonja und ich sind von Accra aus die Kueste westwaerts ca. 200 Km nach Cape Coast gefahren um dort zum einen die Cape Coast Castle zu besichtigen, zum anderen um von dort in den Kakum Nationalpark zu starten.
Sklaverei: Cape Coast
Die Burg ist zweilfelsohne imposant und recht gut erhalten (ich ueberlege kurz ob eine der kleineren Kanonenkugeln mitgehen lasse...mach das dann aber lieber doch nicht) und von Portugiesen erbauit wurden. Nach einigen Besitzwechseln waren es die Briten, die sie immer mehr ausbauten, sicherten und sie als einen zentralen Verschiffungsplatz fuer frische Sklaven nutzten. Der Fuehrer (augenscheinlich ein naher Verwandter von Will Smith) fuerht uns schnell in die "Male Dungeons" in der die maennichen Sklaven gehalten wurden. Die Dungeons bestehen aus fuenf Raeumen, zusammen sind sie ca. 100qm gross. In jedem (!) dieser Kellerraeume wurden genau 200 Sklaven gepfercht und ca. 6 Wochen gehalten. Ein Liegen oder Sitzen erscheint praktisch unmoeglich. Die Raeume haben jeweils ein oder zwei Fenster in der Groesse von zwei Din A4 Seiten, weit oben, so dass ein Blick nach draussen nicht moeglich ist. Es ist die einzige Quelle fuer Frischluft und Licht. In der Mitte eines Raumes (ca. 20qm) ist ein kleiner Rinnsall, der fuer den Abfluss der Faekalien sorgen sollte aber jaemmerllich zu klein ist. Das fuehrte zu einem dauerhaftn fast kniehoch stehenden Gemisch aus Urin, Kot, Erbrochenem - so unser Guide. Ein Grossteil der Sklaven starb waehrend der Aufberwahrungszeit in den Dungeons. Die Briten holten die Leichen jedoch nicht sofort ab, sondern warteten auf weitere Tote, um effizienter vorgehen zu koennen und sich weniger oft der Gefahr eines Angriffs aussetzen zu muessen. So lagen/schwammen die Leichen tagelang neben den noch lebenden Mitgefangenenen, erzaehlt unser Fuehrer.
Die Female Dungeons waren ausgelegt fuer zweimal 150 Gefangene und aehnelten den Male Dungeons sehr. Den weiblichen Gefangenenen bot sich im Gegensatz zu den maennlichen Gefangenen eine "Chance" der Verschiffung zu entkommen: wurden sie in Folge einer der Vergewaltigungen schwanger und gebahren ihr Kind noch in der Burg, wurden sie frei und ihre Kinder in einer der oertlichen Schulen eingegliedert.
Nach sechs Wochen wurden die Gefangenen durch einen ca. 80m langen Tunnel vor eine Tuer gefuerht, The Door Of No Return. Kriechend mussten sie hindurch, wurden auf ein Schiff (vorwiegend mit christlichen Namen) getrieben und nach Nord- oder Suedamerika verschifft.
Sklaverei: Allgemein
Als die Maechte des arabischen Raumes noch fortschrittlicher und maechtiger waren als jene in Europa, bedienten sie sich in Osteuropa millionenfach unter der Bevoelkerung. Der Begriff "Slave" leitet sich vermutlich von den Begriff "Sklave" ab.
Auch unter den Voelkern Afrikas waren Sklaven alltaeglicher Bestandteil vieler Kulturen und eine Beute, die sich auf Grund des Fehlens anderer Beutearten, anbot.
Wie viele Schwarze tatseachlich von den europaischen Maechten gefangen gehalten worden und verschifft worden sind, ist unsicher. Grob sind wohl 10-15 Mio in Amerika angekommen und mind. eine ebenso grosse Zahl bei der Jagd, in der Gefangenschaft in Afrika oder bei der Verschiffung gestorben.
Sklaverei: Fragen
Als wir so durchs integrierte und leider recht oberflaechliche Musem gehen, kommen mir einige Fragen. Ich habe mich immer gewundert, wie denn wohl die paar Weissen so viele Schwarze gefangennehmen konnten. Es ist sicher, dass die paar Tausend Weissen nicht die Millionen Schwarzen alleine gefangen haben. Sie hatten unter den Staemmen Verbuendete, welche die Jagd fuer sie tw. uebernahmen. Welche Faktoren entschieden, ob ein Stamm ein Verbuendeter der Besatzer oder eini gejagder Stamm wurde? Raeumliche Distanz, moralische Werte, Intelligenz, Erfahrung? Aus welchen Gruenden konnten sich Mitglieder eines Stammes / oder ganze Staemme sich einer Gefangennahme entziehen? Welche Charaktereigenschaften ermoeglichen ein Ueberleben in der Gefangenschaft? Klingt etwas nuechtern bwz. hart, sind aber Fragen aus einem ethnologischen soziologischen bzw. Kontext heraus, dat hab ich nu mal studiert.
Kakum
Der Regenwald ist etwas langweiliger als erhofft, von Waldelefanten und sonstigem wilden Getier wie erwartet weil angekuendigt nichts zu sehen, dafuer aber die sieben Haengebruecken, auf die ich mich aus unserer Gruppe (so viele Weisse auf einen Haufen nach 2,5 Wochen ist das wirklich irritierend)
todesmutig gleich als Erster begebe...zumindest gleich nach einer schrumpeligen buckelgebeugten ca. 70 Jahre alten Britin. Das ist schon alles recht toll und ich mache viele viele Fotos und ein Video auf schwankenden Bruecken, 15m ueber dem Urwaldboden.
Rechnungen & Rechnen
Heute haben ich auch die 10te Rechnung in Folge erhalten, die nicht stimmte. Es scheint dem Ghanaer unmoeglich zu sein oder am Willen zu fehlen, eine Rechnung, die mind. 3 Posten umfasst korrekt zu berechnen. Symptome des Scheiterns gibt es viele: falsche Zwischen- oder Einzelsummen, fehlende oder nie bestellte Posten und immerfort falsche Endsummen.
Auch ein stetiger Einsatz eines Taschenrechners ist dabei keine Hilfe, wohl aber bei einfachen Rechnungen wie 5mal7 oder 60minus56.
Ob das alles an mangelnder Bildung, Intelligenz, Motivation oder an einer grundlegenden Laessigkeit liegt, bleibt offen. Vermutlich ist es mal dies und mal das.
Was auch immer dann die Rechnung aussagt und wie man es begleicht, ist ein weiteres Gesetz, dass ein in Hotels, Bars, Restaurants oder touristischen Attraktionen agierender Ghanaer so gut wie nie Wechselgeld hat - jede Marktfrau aber immer.
Es gibt noch einiges andere zu berichten, aber das mache ich lieber von Deutschland aus. Nu freue ich mich erstmal auf Mailand und vor allem darauf wieder in Deutschland zu sein. Die Zeit hier war groesstenteils sehr cool und interessant aber nun reicht es auch

. Afrika hake ich nun ab und hoffe bald mal nach Asien oder Nordamerika reisen zu koennen, moeglichst in Verbindunge mit einem grossen Sportereignis.