Einfach grandios...!!!
Das Blaue spezial
Die Sommerpause hat uns beinahe schon fest im Griff, deshalb ist es Zeit, noch einmal einen Einblick in das Seelenleben unseres VfB-Freundes zu geben, der in unserem Team intern auch als
Anton-Günther bekannt ist. Es gab sehr viele Aufforderungen, ihn noch mal erzählen zu lassen, dazu konnten wir den nicht mehr ganz jungen Mann auch überreden. Ein letzte Mal also gibt es jetzt als „Das Blaue spezial“ die Woche.
Eine entspannte Sommerpause wünscht
Eure Redaktion
Im Klammergriff der Angst
Man bin ich nervös. Ich muss hier auch gar keine Geschichten erzählen, denn jeder merkt es. Eigentlich bin ich ja einer erklärter Freund des ausgiebigen Frühstücks. Heute allerdings muss ich mich regelrecht zwingen, ohne großes Gezappel am Tisch zu sitzen. Die Angst hat mich voll im Griff. Die Angst vor einer Niederlage.
Was für ein Witz, denn schließlich bin ich das personifizierte Selbstbewusstsein und eigentlich hat niemand eine größere Klappe. Aber heute ist alles anders. Fraue und Töchter haben Verständnis, zumindest tun sie so. Welcher Ignorant hat das Spiel eigentlich um 16 Uhr angesetzt. Ich mein, in England spielen sie doch auch mittags.
Klar, dass ich schon wach war, als die Sonne gerade aufgegangen ist. So hat man ja auch mehr Zeit, hibbelig zu werden. Diese Taktik geht auf. Leider. Verschwende noch im Bett liegend sogar einen kurzen Gedanken ans Jogging, verwerfe ihn aber gleich wieder. Bei meinem Glück würde ich mich verletzen und könnte nicht ins Stadion. Obwohl, das ist nun wirklich vollkommen absurd, die würden gar nicht anpfeifen, wenn ich fehle.
Wann ich denn los wolle, fragt sie. So gegen 13 Uhr, sage ich, spätestens. Ein mitleidiger Blick, Kopfschütteln und offen zur Schau gestellte Zweifel an meinem Geisteszustand machen mir deutlich, dass sie wohl später los möchte. Schließlich müssten noch andere Dinge erledigt werden. Was soll heute wichtiger sein?
Der Einkauf zum Beispiel, argumentiert sie, schließlich müsse das Leben ja weitergehen, höre ich meine bessere Hälfte sagen. Klar, denk ich mir, wenn wir aufgestiegen sind. Ansonsten könne sie darauf verzichten, mich für die nächste Zeit einzuplanen. „Sicher, Du schließt Dich dann im Keller ein“, sagt sie lachend. Und mal wieder habe ich das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Die hat Nerven.
Gartenarbeit. Das ist nicht sofort darauf gekommen bin, ich werde mich draussen austoben. Die Zierhecke des Nachbarn beleidigt schon länger mein nicht vorhandenes Gefühl für einen ästhetisch angelegten Garten. Hey, ich habe nicht gesagt, dass das Zeug zu uns rüberwachsen soll. Immerhin kann ich beim Rasenmähen und, sagen wir mal optimieren der Hecke, entspannen. Das heißt, ich freue mich über Sonnenschein, denn die Hitze am Nachmittag ist ein Vorteil für unsere Mannschaft. Fitter ist keiner. Ganz nebenbei spiele ich verschiedene Aufstellungen durch. So wie in den letzten zwei Wochen täglich.
Langsam geht es auf 10 Uhr zu. Sie kommt zurück, sieht mich, verzieht das Gesicht und meint, ich solle mich nicht so anstellen. „Du spielst doch nicht.“ Bitte, nicht solche Sprüche, jeder weiß doch, dass zugucken viel mehr an die Substanz geht. Als wenn das noch nicht genug wäre, werde ich weiter belehrt. „Mach dich mal locker. Es wird voll im Stadion und wir gewinnen 4:0“, behauptet sie. Sicher, klar, logisch, eindeutig, denk ich und frage, ob sie mehrmals an der Weinprobe im real teilgenommen habe. Ihre Geste mit der Hand deute ich richtig und geh mal lieber in Deckung.
Mittagszeit, die Mädels bringen es doch tatsächlich fertig und essen noch was. Pasta. Eigentlich lecker. Ich versuche es auch, sorry, jetzt reicht es. Ich mach mich fertig. Widerspruch ist zwecklos, das wissen sie und lassen mich machen. Ist viel zu warm für eine lange Hose, aber darauf kann ich keine Rücksicht nehmen. Ich werde doch jetzt kein Risiko eingehen und auf meine Glückshose verzichten. Natürlich ziehe ich auch das blau-weiße Poloshirt an, ist noch ohne Punktverlust. Die Socken stimmen auch, welche Schuhe hatte ich zuletzt an, also die aus Pewsum kommen nicht in Frage. Bin gerüstet, können aufsteigen.
Im Stadion
Es heißt ja, dass nervöse Menschen an ihren Fingernägeln kauen. Wie machen die das? Dabei muss man doch ruhig sitzen. Ist mir nicht möglich. Ich rutsche hin und her, naja, soweit das überhaupt möglich ist, denn die Bude ist voll. Sooo geil. Fünfte Liga und hier kommen mehr als 8.000 Leute. Statt mich darüber ausgiebig zu freuen, mache ich mir Gedanken darüber, ob sich das auf die Stimmung auswirkt. Machen alle mit oder mault das Eventpublikum, wenn es nicht sofort läuft?
Alles nur dummes Zeug. Vom Intro in der Kurve könnten sie sogar auf dem Appenin noch etwas lernen. Was für ein Hammer.
Die Jungs da unten sorgen dann auch dafür, dass die Stimmung passt. Joe hat auf Offensive gesetzt, so und nur so ist es richtig. Aber das Ding will einfach nicht rein. Vor allem der Fünfer steht uns im Weg. Mist. Das läuft falsch. Das ist es wieder, dieses kleine fiese Gefühl, das sich langsam anschleicht. Verlustängste machen sich breit. Scheitern wir wieder so kurz vor dem Ziel? Nein. Plumper flankt, der Abwehrspieler haut ihn selbst rein. JAAAAAAAAAAAAA.
„Warum warst Du eigentlich nervös“, sagt meine Perle und legt mal wieder ein ganz breites Grinsen auf. Basti packt auch einen aus, 2:0, langsam werde sogar ich locker. Das könnte ja wirklich klappen. Oberliga. Neben mir umarmen sich die Leute, einige haben Tränen in den Augen. Ey, entspannt euch, als hätte es jemals Zweifel am Aufstieg gegeben. Also bei mir nicht. Gut, klein, winzige und auch nur ganz kurz.
Die Stimmung ist gigantisch. Thöle und Sale treffen auch, der Rest ist eine große Party mit einigen tausend Leuten. Meine Mädels sind happy, es gibt die kultige Humba und Medaillen für die Jungs. Für mich dagegen gibt es noch einen Spruch. „Na“, lächelt sie mich an und ich sehe den Schalk aus ihren Augen blitzen. „Wer hat gesagt, dass wir 4:0 gewinnen?“ Gut, ich werde Dir als Fußballfachfrau fortan huldigen, nie mehr widersprechen und immer so tippen, wie Du es mir sagst, verspreche ich. Gedanklich bin ich schon ganz woanders, „er“ will doch sicher auch wissen, was hier los ist.
Suche mir eine ruhige Ecke, was gar nicht so einfach ist, rufe meinen grünen Kollegen an und erkundige mich mal eben danach, wie seine Truppe denn gespielt habe. Immerhin, er zeigt Charakter, gratuliert erstmal zur Meisterschaft, um sogleich anzukündigen, dass die ja nichts bringe. „Nächste Saison steigt ihr ab, wir steigen auf und sind an euch vorbei.“ Hoppla, der Bursche hat am Selbstvertrauen geschnüffelt. Sicher, stimme ich ihm zu, sie würden die Herzen der Oldenburger fraglos im Sturm erobern. Wir dagegen müssten uns auf schwere Zeiten einstellen. Ich höre ihn noch Zustimmung murmeln, als ich kurz darauf aufmerksam mache, dass wir vor 8.000 Zuschauern gespielt haben. Als ich wissen will, wie viele sie denn hatten, legt er einfach auf.
Paadie
Eigentlich trinke ich so gut wie nie Alkohol. Bedenkt man außerdem, dass meine Adrenalinproduktion schon seit Stunden auf Hochtouren läuft, habe ich mich bis jetzt ordentlich gehalten. Klar, wir feiern schon einige Stunden und ich habe auch einen Glimmer, aber die eine oder andere Erfrischung in flüssiger Form ist sicher noch auf der Einkaufsliste.
Was für eine Party. Der Schwan wird gerockt, wie es sich für einen Meister gehört. Ehrlich, das war im letzten Jahr schon richtig geil, obwohl wir es damals nicht gepackt haben. Aber heute hat hier die gute Laune das Sagen. Es versteht sich doch wohl von selbst, dass ich auch den Grünen angerufen habe. Erst wollte ich ihn einladen. Der arme Kerl kennt so etwas ja nicht, dann habe ich mich anders entschieden. Man muss es ja nicht übertreiben. Also soll er zumindest die Stimmung mitkriegen. Verstehe nur nicht, dass ich jetzt nur noch ein Besetztzeichen bekomme, nachdem er eben noch dran war. Gut, ist kurz vor eins, aber als Meister darf man auch etwas länger feiern. Werde es später noch mal versuchen.
Sie will meine gute Laune ausnutzen und fordert mich wiederholt zum Tanzen auf. Hey, ich habe zwar das eine oder andere Wasser mit Geschmack intus, aber deshalb verrate ich doch nicht meine Grundsätze. Echte Männer tanzen nicht.
Als es hell wird, machen wir uns auf dem Weg nach Hause. Ich bin gut drauf. Wegen der Meisterschaft. Die Fahrt dauert nicht lange. Der Taxifahrer gibt Gas, sicher will er in dieser Nacht noch viel Geld verdienen, um sich die Dauerkarte zu kaufen, von deren Vorzügen ich ihm vielleicht etwas zu penetrant vorschwärme.
Derbysieg
Die Nacht war doch ganz schön kurz. Wache früh auf und hole erstmal die Zeitungen aus dem Kasten. Ein kurzer Blick, wir sind wirklich aufgestiegen. Okay, das stand auch im Videotext, den ich natürlich noch gucken musste, als wir wieder da waren. Schnelles Frühstück und ab an den Rechner, mal lesen, was im Forum los ist. Freude pur.
So wie beim A-Jugendderby, das ich mir natürlich nicht entgehen lasse. Die Jungs sind auch da. Können schon wieder Bier trinken. Respekt. Ganz schön hell die Sonne, denk ich mir und zieh mich nur deshalb auf die Tribüne zurück, weil natürlich noch Fachsimpelei angesagt ist. Wir gewinnen, Rizzo macht noch eine Humba, großes Kino, ich mein, dass der noch bei Stimme ist, gibt mir zu denken.
Der Grüne fehlt, aber ich bin ein guter Freund und rufe ihn schnell an. Soll doch auch wissen, dass wir erneut ein Derby gewonnen haben. Freu mich auf die Woche, aber was jetzt noch kommt, macht mir Angst.
Sommerpause.