Dino hat geschrieben: 10.11.2025 11:39
Der Aufstieg am Ende der Saison 1995/96 war in mehrfacher Hinsicht “besonders”.
Die Meisterschaft der RL Nord wurde nach einem langen Kampf erst zwei Spieltage vor Ende der Saison gesichert. Bis (fast) zuletzt waren Kickers Emden und Eintracht Braunschweig heiße Rivalen.
Es folgte die Relegation gegen Tennis Borussia Berlin. Die Berliner wurden damals von der „Göttinger Gruppe“ (Versicherungen) üppig finanziert und sollten möglichst schnell in die zweite Liga hoch, um dann alsbald in die Bundesliga aufzusteigen.
Als Trainer hatte man den „Zwischenahner Jungen“ und ehemaligen Bayern-Spieler Rainer Zobel verpflichtet, Sportdirektor war Jürgen Sundermann („Wundermann“), der kurz zuvor den VfB Stuttgart zur Meisterschaft geführt hatte. Große Namen, teure Fachleute. Und wir hatten - Hubert Hüring als Trainer. Dazu einen Jörg Butt, Ausnahme-Torwart und “totsicherer” Efmeterschütze, echte „Mentalitätsmonster“ wie Krzysztof Zajac, Wieslaw Cisek, Alexander Woloschin und Andrew Uwe.
Dennoch sprach sehr viel für TeBe, die insgesamt ein deutliches Plus an Qualität aufbieten konnten.
Das haben wir damals aber ausgeblendet und sind, rd. 2.000 VfBer, nach Berlin gefahren. Rd. 150 Fans von Union Berlin kamen noch dazu, weil sie sich lautstark gegen TeBe positionieren wollten.
Mommsenstadion, schwülezz Hitze, der TeBe-Anhang auf der Tribüne, die Gegengerade und die Kurven voller Oldenburger, die den verspätet eingetroffenen Regierenden Bürgermeister von Berlin etwas speziell begrüßen.
Das Spiel beiderseits sehr auf Sicherheit und Fehlervermeidung angelegt. Schließlich dann doch das 1:0 für die Berliner. Und kurz danach ein Gewitterregen, der den Rasen binnen weniger Minuten in einen Sumpf verwandelt. Eigentlich geht dann nichts mehr. Diesmal aber doch. Der „Held von Berlin“, Wieslaw Cisek (ohnehin eher Riese als Zwerg) schraubt sich nach einer Hereingabe in lichte Höhen empor und nickt den Ball zum 1:1 ins Tor. Und danach ging an diesem Tag wirklich nichts mehr.
Eine Woche danach, Marschwegstadion, wieder große Hitze, das Spiel muss die Entscheidung bringen. Schiedsrichter ist Markus Merk, erste Garnitur, der Fußballbund will auf „Nummer Sicher“ gehen. Das soll sich noch auszahlen.
Im Spiel führen die Berliner ihren gepflegten Kurzpassspiel-Fußball vor. Wir müssen viel laufen, um keine Löcher entstehen zu lassen.
Der Rest ist Legende. Die Elfmeter. Erst, noch keine 10 Minuten gespielt, einer für uns. Jörg Butt kommt gemütlich aus seinem Tor und haut den Ball sicher rein. 1:0, der Spielstand hat auch zur Halbzeit noch Bestand, aber Mitte der 2. Halbzeit passiert es dann. Ein Elfmeter für TeBe. Aksoy verwandelt ihn sicher. Nach 90 Minuten steht es weiter 1:1, Verlängerung.
Schon nach wenigen Minuten bebt der Marschweg. Alex Woloschin erwisch einen perfekten Distanzschuss und bringt den VfB wieder in Führung. Aber noch fast eine halbe Stunde zu spielen. Und die Berliner haben Oberwasser, schnüren uns ein. Und kurz vor Ende der ersten Verlängerungs-Halbzeit scheint der Traum dann doch ausgeträumt. Ein weiterer Elfmeter (keine Diskussion) für Berlin. Wieder Aksoy, wieder sicher verwandelt. Das 2:2 bringt TeBe in die 2. Liga, Auswärtstor-Regel.
Und dann zeigt Markus Merk seine internationale Klasse. Der Elfmeter wird wiederholt, ein Berliner (Adler) ist zu früh in den Strafraum gelaufen. Erneut Aksoy, flach auf die (aus Sicht des Schützen) linke Torecke. Aber Butt, er hat es geahnt, kommt noch knapp ran und lenkt den Ball an den Pfosten. Der Rest ist bei mir ziemlich verschwommen, Freudentaumel, Bier. Es reicht, wir steigen auf.
Leider gibt es ein „Nachspiel“. Kzystof Zajac, der Abwehrchef und Kopf der Mannschaft beendet seine Karriere. Ein als neuer Abwehrchef verpflichteter Niederländer geht noch vor dem ersten Spiel wieder von der Fahne. Alex Woloschin rückt aus dem Mittelfeld in die Abwehrzentrale, stopft eine Lücke und reißt durch den Wechsel eine andere auf. Hubert Hüring ist der Lage zunehmend nicht gewachsen, hätte abgelöst werden müssen. Aber der damalige VfB-Präsident, selber mit seiner Firma in größten Schwierigkeiten, hält stur bis zum (wirklich ganz) bitteren Ende an ihm fest.
Ein mehr als ernüchternder Abstieg leitet eine ganz schwere Zeit für den VfB ein.