Südschwede hat geschrieben:Vorweg mal eines: Im letzten Jahr geschah ein feiger Angriff aus Bremer Szenekreisen, der vorab in keinerweise provoziert worden war. Nach anfänglich krassen Falschmeldungen der NWZ
(aufgemerkt!) wurde schließlich von Seiten der Polizei und der schreibenden Zunft bestätigt, dass die VfB-Fans sich nichts zu Schulden kommen lassen hatten und sich lediglich verteidigt haben.
Nach der Ankündigung des diesjährigen CLP-Hallenturniers gab es bereits einigen Unmut über die angekündigten Maßnahmen wie einen abgetrennten VfB-Block mit eigenem Eingang und geplanter Filmerei seitens der Polizei. Sollten das Maßnahmen sein um den VfB-Block zu schützen und wenn ja vor wem? Letztendlich schien es aber Konsenz zu sein erstmal abzuwarten wie es in CLP abläuft. Meckern kann man immer noch.
Und meckern war angebracht. Die Zugfahrer wurden zahlreichen Berichten zufolge auf dem Fußmarsch vom Bahnhof zur Halle in einer Tour drangsaliert und provoziert. Offenbar in der Hoffnung dass sich bereits frühzeitig
etwas tun könnte. Vor der Halle angekommen durfte man zwar dort seine Karten kaufen, aber nur in Polizeibegleitung an der Halle entlang zum Nebeneingang gehen. Schon da beschlich einen das Gefühl hier in eine merkwürdige Rolle gedrängt zu werden. In der Halle erblickte man dann ein beidseitig abgesperrter Block mit massig Polizei und Security darin. Hmm, hatte man uns eine gewisse Rolle zugedacht und vergessen uns zu informieren wer wann seinen Einsatz hat?
Aber mal ehrlich: in welchem Sinne hätte vom VfB-Block Gefahr ausgehen sollen? Zu den BVCern haben wir wenn überhaupt, dann ausschließlich nette Kontakte, die liebenswerten Holländer waren wirklich gut drauf und mit zwei versprengten Lautern-Fans macht auch keiner ein Match. Warum wird also JEDER im VfB-Block schon mal vorweg behandelt, als würde er schwerste Straftaten planen?
Im Verlauf der zweiten und dritten Partie postierte sich immer mehr Polizei hinter dem VfB-Block ohne dass mir ein Grund dafür klar war. Irgendwelche Verhandlungen oder Gespräche habe ich nicht mitbekommen, weil ich zu diesem Zeitpunkt noch an einen netten Fußballabend glaubte. Als die Fahne mit der Aufschrift "Fick die Cops!" (oder ähnlich) warum auch immer nicht herausgegeben wurde, sah sich die Staatsgewalt in Form der BFE/BePo offenbar genötigt mit alle verfügbaren Kräften einen Block zu stürmen der von normalen Durschnittsfans besetzt war um
ein Stück Textil zu entfernen!!!
Halten wir mal fest: Es wurde weder innerhalb der Halle Pyro gezündet noch wurden andere Personen bedroht oder geschlagen/geschädigt. Man mag so ein Plakat für falsch und geschmacklos halten, aber es Bestand (vor dem EInsatz) zu keiner Zeit für irgendjemanden Gefahr für Leib oder Leben. In so einer Situation kann und darf es in einem Rechtsstaat keinesfalls legitim sein kollektive Gewalt gegen jede umstehende Person anzuwenden um eine Meinung (und sei es auch eine Beleidigung) zu unterbinden. Aber leider sind wir da heute mal wieder an eine Polizeieinheit geraten, die endlich mal wieder Action sehen wollte. Anders kann man soetwas nicht erklären.
Das entsprechende Textilstück wurde übrigens zum Zeitpunkt des Zugriffs nicht mehr präsentiert, sondern war längst irgendwo verstaut worden. Das mache ich daran fest, dass nach den Szenen der Gewalt diverse Rucksäcke auf der Suche nach dem Corpus Delikti gefilzt und der Inhalt erstmal ausgebreitet wurde.
Letztes Jahr wurden wir von den Bremern angegriffen, heute von Angestellten des Staates. Übrigens in einer Kampfmontur, die die etwa gleichhohen kolportieren Verletztenzahlen von Fans und Polizei für mindestens unwahrscheinlich erscheinen lassen.
Ich würde mich als Prototyp des durchschnittlichen Stadiongängers bezeichnen, der "A.C.A.B." etc. für dumme Verallgemeinerungen hält und den Polizisten erstmal zubilligt einen normalen Job machen zu wollen, solange ich nicht vom Gegenteil überzeugt werde. Ich hab aber in den letzten Jahren so viele unsinnige und unverhältnismäßige Polizeieinsätze gesehen und bestimmte Polizeieinheiten erlebt, die ich ohne zu zögern als "Gewalt suchend" bezeichnen würde, das mir die Galle hochkommt. Wenn selbst ich als Normalo mittlerweile schon dermaßen radikalisiert werde, dass mir besagte Fahne nicht mehr grundfalsch vorkommt, was glaubt Ihr was das mit unserem Fan-Nachwuchs macht der die Polizei gar nicht erst anders kennenlernt?
Es gibt Gruppen innerhalb der Polizei die dort in einem Rechtsstaat nichts verloren haben. Diese Leute sind eine Gefahr für die Öffentlichkeit und gehören aus dem Dienst entfernt. Dies gilt es aus allen Rohren und allen Kanälen vehement klarzustellen.
Eine schnelle Genesung allen VfB-Fans die heute zu Schaden kamen!

Danke
PiR hat geschrieben:Lieber BMP, ich mag dich als Menschen. Bist immer freundlich, bei der Dritten, ein echter VfBer. Du kannst dein eigenes Verhalten reflektieren und hast, ich nenne es einmal, ein gesundes Verhältnis zur Polizei. Dieses ACAB und Fuck the Cops Gehabe ist natürlich pauschalisierend und wird den eigentlichen Problemen nicht gerecht, denn es gibt nicht DIE Polizei oder DEN Polizisten, genauso wenig wie es DEN Fußballfan gibt. Es gab auch gestern vor Ort Polizisten, die dieses Vorgehen überhaupt nicht haben nachvollziehen können. Versetze dich doch einmal in die Lage von unseren jüngeren Mitgliedern der Fanszene, die, wenn von DER Polizei gesprochen wird, nur an die BFE oder BePo denken und in dem Zusammenhang nur Einkesselung, grundlose Beleidigungen, Schikane und Gewalt gegen sich selbst oder ihre Freunde gerichtet, kennengelernt haben. Die Situation gestern war geklärt, es wurde klar gesagt, dass die Fahne weg soll, weil die Beleidigungen nicht gehen, die Fahne wurde verstaut und wurde auch nicht wieder ausgepackt. Reicht das nicht? Vielen anwesenden Polizisten hat das gereicht. Einer gewissen Einheit aber nicht. Wieso hinterfragt sich die Polizei nicht einmal, warum viele Jugendliche in unserer Gesellschaft ein so schlechtes Bild der Polizei haben? Gefährlich ist die Situation vor allem, weil die Polizisten nicht als Privatperson Gewalt ausüben, sondern als Vertreter des Staates. Du kannst dich gegen Unrecht nicht wehren. Zeigst du ein Vorgehen an, wird eine Gegenanzeige erstellt und dann versuch einmal dein Recht gegen diverse Polizisten vor Gericht durchzusetzen. Das ist ein Gefühl von Ohnmacht das viele beschleicht und das schürt Wut und in letzter Instanz Hass.
Ich habe vor einigen Jahren an einer Veranstaltung des Innenministeriums in Hannover teilgenommen. Da ging es um den Abbau von Feindbildern zwischen Fußballfans und Polizei. Die Frage, ob die Polizei als Vertreter des Staates überhaupt Feindbilder haben darf, wurde nie beantwortet. Und wenn mir dort ein Braunschweiger Polizist erzählt: Junge, wir haben da mit deutlich mehr von euch gerechnet. Euch hätten wir ja so wegmachen können, dann fass ich mir den Kopf. Nichtsdestotrotz wurde das Verhältnis im Zuge dieser Veranstaltung, auch auf Initiative aus Oldenburger Fanszenenkreisen hin, durchaus verbessert. Wir haben uns sogar mit Oldenburger SKBs hingesetzt, um Spannungen abzubauen. Welche Fan- bzw. Ultraszene macht so etwas schon? Nun herrscht in einer Fanszene ja eine permanente Fluktuation. Viele kommen, viele gehen, Personen werden älter, haben weniger Zeit sich zu engagieren usw. Die Gegebenheiten ändern sich. So ist es auch bei der Polizei. Wenn aber gestandene Männer zwischen 30 und Mitte 40, billigend in Kauf nehmen, dass diverse Menschen, teilweise Minderjährige und Frauen, verletzt werden, weil sie es nicht ertragen können, dass auf einem bereits verstauten Banner ein fieser Spruch gemalt wurde, dann hört bei mir das Verständnis und auch die Bereitschaft auf, mich mit solchen Personen an einen Tisch zu setzen, damit ich mir da anhören darf, dass wir Schuld seien und das ganze präventive Gefahrenabwehr sei. Glaubst du, Banner wie das gestrige, werden nach der Aktion der Polizei seltener? Glaubst du es wird einfacher, die Jüngeren zu überzeugen, dass es eine gute Geschichte ist, sich jetzt noch mit denjenigen hinzusetzen, die dir grundlos wegen nichts mit der Faust ins Gesicht schlagen (ist auf einigen Videos, die ich bislang gesehen habe, super zu erkennen), wenn selbst die älteren Mitglieder der Fanszene, die das nur verfolgt haben, schon kein Interesse mehr daran haben? JEDE Initiative sich hinzusetzen, kam bislang von Fanseite. Lieber BMP, du darfst gerne anderer Meinung sein als ich, diese akzeptiere ich auch selbstredend, aber bitte sei nicht böse, wenn ich mir meine beibehalte und diese Wieso-provoziert-ihr-auch-die-Polizei-Argumentation nach all den Jahren und Erfahrungen als anstrengend empfinde. Da wurden gestern keine gefährlichen Kriminellen zusammengeboxt, sondern Vereinsmitglieder, Spieler der Dritten und Delegierte des Vereins.
Danke
Johann Ohneland hat geschrieben:Also auch wenn schon viel gesagt wurde:
Ich finde Banner gegen die Polizei in der Tat auch etwas unnötig. Auch weil es ebenso wie bei Fans "Solche" und "Strolche" auch bei der Polizei gibt. Von Sippenhaft in jederlei hinsicht halte ich nicht viel. Dennoch ist mir völlig unklar, wie man bei so einem Einsatz mit "selber schuld" argumentieren kann oder ähnliches.
Das Banner mag in der Tat nicht ok gewesen sein, aber es stellt sich schon die Frage, ob es überhaupt strafrechtliche Relevanz hat. Allerhöchstens kommt der Straftat der Beleidigung in Frage. Dieser Begriff ist an das rechtliche Konstrukt der "Ehrverletzung" gebunden (ein sowies extrem archaisches Konstrukt aus der Adelszeit), bei der es juristisch höchst umstritten ist, ob ein Kollektiv von Personen, wie die Polizei überhaupt soetwas wie Ehre haben kann, da die eigentlich personengebunden ist. Dennoch kann es strafbar sein, wenn konkrete Polizisten gemeint sind. Sprich: Es kommt auf den Kontext an. Das ist aber eigentlich nicht Sache der Polizei zu entscheiden, ob das in dem Fall vorliegt oder nicht. Hat sie den Verdacht, dass es strafbar sein könnte, dann kann sie Maßnahmen ergreifen, um die potentiellen Täter zu identifizieren und in ein ordentliches Verfahren zu übergeben. Hierbei gilt allerdings das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Die Polizei has das mildeste zur Verfügung stehende Mittel zu wählen. Gleiches gilt für die Beendigung eines unrechtmäßigen Zustands. Geht die Polizei davon aus, dass das Banner einen Rechtsbruch darstellt, darf sie den Zustand beenden. De facto war das Banner aber ja scheinbar schon wieder verschwunden. Es bestand also keine "Gefahr im Vollzug". Zur Sicherung eines möglicherweisen Verfahrens, hätte es ausgereicht eine Anzeige zu schreiben, die an die Staatsanwaltschaft zu schicken und gut ist. Bei solchen Turnieren wird genug gefilmt, die Sicherstellung des Banners wäre für kein Gerichtsverfahren der Welt von Relavanz gewesen. Ich kann keinen einzigen Grund erkennen, warum ein Blocksturm das mildeste Mittel sein soll. Weder zur Sicherung eines Verfahrens, noch zur Beendigung eines bereits beendeten Unrechtszustandes. So wie es sich darstellt, mag es eine Verfehlung seitens unserer Fans gegeben haben, diese hat aber in keinerlei Maß ein Gegenreaktion in der Form gerechtfertig. Würde man nicht die Urteile vor Gericht kennen, wenn es um Polizeiverhalten geht, würde ich sagen, dass sofort eine Normfeststellungsklage folgen muss, um richterlich zu entscheiden, ob ein derartiger Aufwand wegen einem Banner sein musste oder nicht. Die Begründungen der Polizei würden mich da wirklich interessieren.
Ob man mit so einer Reaktion rechnen konnte und ob es nicht pragmatischere Wege gegeben hätte mag sein. Allerdings ist es in einer Demokratie und einem Rechtsstaat eigentlich nicht Sinn der Sache, das unrechtsmäßige Verhalten von Staatsdienern miteinkalkulieren zu müssen. Dafür haben wir nun mal einen Rechtsstaat in dem der Polizei ein Teil des Gewaltmonopols übertragen wurde, sie aber im Austausch dafür an strikte Regeln der Verläßlichkeit gebunden wurde.
Was die Eskalation und Solidarisierung mit den Bannerträgern angeht: Ich weiß nicht, wie viele von euch schon mal auf Demos, Massenveranstaltungen mit extrem hohen Polizeiaufgebot waren. Wenn zwei kohärente Gruppen - in diesem Fall Fans und Polizei, letztere in Kampfausrüstung - aufeinander treffen, dann entwickeln sich in sekundenschnelle Gruppendynamiken, die kaum zu kontrollieren sind. Der einzelne sieht nicht genau was passiert ist, sieht aber nur, dass die andere Gruppe einen aus der eigenen Gruppe attackiert/ungerecht behandelt. Da schaltet der Mensch auf Instinktmodus und selbst vollkommen rationale Menschen machen sachen, die sie sonst nie tun würden. Wer auch nur ansatzweise irgendwas über Gruppenpsychologie weiß, dem ist das bekannt. Gerade deswegen gibt es ja Deeskalationstraingings und Strategien etc. Was da gestern erfolgt ist, ist eine grobe Missachtung aller Lehrinhalte dementsprechender Trainings. Dass das nicht gut gehen konnte, muss jedem Einsatzleiter klar gewesen sein und er hätte elegantere Wege finden müssen, wenn ihm wirklich etwas an der Aufklärung eines Verbrechens gelegen gewesen wäre.
Allerdings seh ich auch keinen anderen Ausweg, als weitere Dialogversuche, selbst wenn sie bisher gescheitert sind. Besser als schweigen ist es allemal, auch wenn ich verstehe, dass vielen die Lust vergeht.
Danke