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der neue cody
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Re: 1. Bundesliga - Laberthread

Beitrag von der neue cody »

Feuerlein hat geschrieben:dass viele nun aber meinen, er sei der teufel in person ist so unglaublich lächerlich. dafür hat er auch zu viel bewegt in den letzten jahrzehnten.
Das V steht für GmbH

Ganja
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Re: 1. Bundesliga - Laberthread

Beitrag von Ganja »

Man bedenke bei der Diskussion der Summen, bzw. ihrer Dimensionen, dass der gute Mann nicht 3, 4, 27 Millionen 'verzockt' hat, sondern Steuern auf die Gewinne (!) seiner Zockerei in dieser Höhe nicht bezahlt hat! Die kolportierten 155 000 000,00 € Höchststand beziehen sich vermutlich auch nur auf sein Zockerkonto...

Johann Ohneland
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Re: 1. Bundesliga - Laberthread

Beitrag von Johann Ohneland »

der neue cody hat geschrieben:
Feuerlein hat geschrieben:dass viele nun aber meinen, er sei der teufel in person ist so unglaublich lächerlich. dafür hat er auch zu viel bewegt in den letzten jahrzehnten.
Das jemand unglaublich viel bewegt hat, ist jetzt aber auch keine Entschuldigung für alles...

Grundsätzlich würde mich alles andere als eine sogar ziemlich deftige Haftstrafe wundern. Gar nicht mal, weil ich das Hoeness unbedingt wünschen würde. Meiner Ansicht nach, stecken wir eh viel zu viele Leute auf völlig ineffiziente Weise in Gefägnisse, aber wenn man sich mal die Systematik der bisherigen Rechtsauslegung sowie die Rechtsdogmatik anschaut, dürfte da nicht viel anderes möglich sein. Im Prinzip wäre es wahrscheinlich auch reichlich unfair, da man für den Diebstahl von 0,5 Prozent der von Hoeness wohl hinterzogenen Menge, arge Probleme hätte, nicht in den Knast zu müssen.

Die Sonderbehandlung von Steuerhinterziehung ist eh ein völlig seltsames Kapitel. Ich finde im Prinzip die Idee einer strafbefreienden Selbstanzeige gar nicht so schlecht, da sie es dem Staat ermöglicht, Kapital, das eigentlich "weg" ist, wieder in die Gesellschaft fließen zu lassen. Die Frage ist halt, warum das bei anderen Delikten nicht auch geht. Was spricht dagegen, jemanden ungestraft zu lassen, der einen Taschendiebstahl begeht, aber den Kram wieder zurückbringt und den entstandenen Schaden wieder gut macht? Marxistisch könnte man jetzt sagen, dass das eine halt ein Unterschichtsverbrechen ist und das andere in den meisten Fällen eine Oberschichtstat, die ja wiederrum auch großen Einfluss auf die Gesetzgebung hat. Vielleicht etwas vereinfacht, aber dass Verbrechen, die typischerweise mit sozial schwachen Menschen assoziiert werden, unabhängig von ihrem Schädlichkeitswert, gerne mal härter bestraft werden, ist ja nicht nur ein deutsches Spezifikum.
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Dino
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Re: 1. Bundesliga - Laberthread

Beitrag von Dino »

Feuerlein hat geschrieben: [... dass viele nun aber meinen, er sei der teufel in person ist so unglaublich lächerlich. dafür hat er auch zu viel bewegt in den letzten jahrzehnten.
"Teufel in Person" erscheint mir im Zusammenhang mit Hoeneß maßlos übertrieben. Ein Kapitalverbrechen (gegen Leben und Unversehrtheit Dritter) hat er ja nun wirklich nicht begangen. Maßlose Gier und Raffzahnmentalität darf man dagegen schon eher diagnostizieren.

Was mich wirklich überrascht, ist die Hemmungslosigkeit, mit der er seine Spekulationen betrieben hat. Zigfacher Millionär war er doch ohnehin; zu was musste er da so irre zocken?
Hätte er irgendwie 3,5 (oder 5,3) Millionen hinterzogen, hätte ich deshalb nicht gleich Zweifel an seinem Verstand und Charakter bekommen.
Was allerdings jetzt im Prozess über das Ausmaß der Zockerei bekannt geworden ist, macht solche Zweifel fast schon zu einer negativen Gewissheit. Er soll ja an einzelnen Tagen zweistellige Millionen-Gewinne oder -Verluste eingefahren haben; Wahnsinn.

Das große finanzielle Problem für Hoeneß liegt jetzt darin, dass die Steuer bei seinen Spekulationsgewinnen (nachträglich) mitkassiert, an seinen beim Spekulieren erlittenen Verlusten aber keinerlei Anteil haben will.
Per Saldo (Spekulationsgewinne minus Spekulationsverluste) ist wohl keineswegs ein Gewinn angefallen, der zu 28,5 Millionen Steuern führt.

28,5 Millionen Steuernachzahlung plus Strafzinsen plus Steuerstrafe plus Gerichts- und Anwaltskosten plus eine (eventuelle) strafrechtliche Geldstrafe ... Da kommen schnell mal an die 40 Millionen zusammen.
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KPD
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Re: 1. Bundesliga - Laberthread

Beitrag von KPD »

Johann Ohneland hat geschrieben:
Feuerlein hat geschrieben:dass viele nun aber meinen, er sei der teufel in person ist so unglaublich lächerlich. dafür hat er auch zu viel bewegt in den letzten jahrzehnten.
Das jemand unglaublich viel bewegt hat, ist jetzt aber auch keine Entschuldigung für alles...
Das wollte Feuerlein wohl kaum. Freispruch und Schmerzensgeld verlangt wohl nicht mal ein eingefleischter Bayernfan für unseren Wurstmacher.

Es geht darum, dass der Uli zum allerübelsten Schwerstverbrecher gestempelt wird, dem nicht nur die Höchststrafe bei Wasser und Brot zu wünschen ist. Sondern als ein Untäter, dem man keinesfalls noch die Hand geben, bei Alfons Schubeck Hausverbot und bei Bayern München Funktionsverbot erhalten sollte.

Klar, solange Uli weiter Präsi ist, werde ich mir kein Bayernspiel mehr angucken, die spielen jetzt keinen „glaubwürdigen Fußball“ mehr.

Ist es wirklich der Weisheit letzter Schluss, dass man Täter nicht bloß gerichtlich angemessen bestraft, sondern ihre berufliche Existenz zerstört, auch wenn die Tat mit ihrer Berufausübung nichts zu tun hatte? Einen steuerhinterziehenden Handwerksmeister boykottieren, wenn ihm nicht die Gewerbeerlaubnis entziehen?

Ich habe das Gefühl, viele der heutigen Hoeness-Basher sind ehemalige, jetzt tief enttäuschte Bewunderer. Für sie adelt der Erfolg einen Mann zum Edelmenschen „mehr Hoeness würde uns gut tun“.

Und jetzt das. Man weiß ja gar nicht mehr, was man zu tun und zu lassen, geschweige seinen Kindern zu erzählen hat, wenn Vorbild/innen wie Alice Schwarzer und Uli Hoeneß nicht mehr verfügbar sind.
Grundsätzlich würde mich alles andere als eine sogar ziemlich deftige Haftstrafe wundern.
Mich auch.
Die Sonderbehandlung von Steuerhinterziehung ist eh ein völlig seltsames Kapitel.
So seltsam ist das nicht.
Steuerhinterziehung ist ein höchst eigentümliches Vergehen, es ist kaum vergleichbar mit anderen Straftaten.

Im Unterschied zu anderen Vermögensdelikten eignet sich der Hinterzieher nicht fremdes Eigentum an, sondern verhindert, dass der Staat Geldforderungen gegen ihn erhebt. Wer eine ehrliche Steuererklärung abgibt, der belastet, beschädigt sich selbst ! Niemand aber schädigt sich gerne selbst. Wenn jemand deshalb falsche Angaben macht, lügt, ist das weit verständlicher, bedarf weit weniger krimineller Energie, als wenn er andere schädigen will.

Daraus – hinzu kommt die Arbeitsersparniss für die Finanzverwaltung - rechtfertigt sich die strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige. Auch die vergleichsweise niedrigen Strafen selbst bei hohen Beträgen.
Was spricht dagegen, jemanden ungestraft zu lassen, der einen Taschendiebstahl begeht, aber den Kram wieder zurückbringt und den entstandenen Schaden wieder gut macht?
I. d. R. wird hier keine Anklage erhoben, sondern das Verfahren mangels öffentlichen Interesses eingestellt.
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Re: 1. Bundesliga - Laberthread

Beitrag von KPD »

Dino hat geschrieben:Was mich wirklich überrascht, ist die Hemmungslosigkeit, mit der er seine Spekulationen betrieben hat. Zigfacher Millionär war er doch ohnehin; zu was musste er da so irre zocken?e
Hätte er irgendwie 3,5 (oder 5,3) Millionen hinterzogen, hätte ich deshalb nicht gleich Zweifel an seinem Verstand und Charakter bekommen.
Was allerdings jetzt im Prozess über das Ausmaß der Zockerei bekannt geworden ist, macht solche Zweifel fast schon zu einer negativen Gewissheit. Er soll ja an einzelnen Tagen zweistellige Millionen-Gewinne oder -Verluste eingefahren haben; Wahnsinn.
Uns Uli genügte es halt nicht, als einer der schnellsten Linksaußen Weltmeister geworden zu sein. Anschließend als Fleisch- und Fußballmanager sehr erfolgreich zu sein. Nein, er musste das auch noch als eine Mutter Theresa.
Auch der Politik eins erzählen, wo der Bartel den Most holt.

Und nicht nur ein bisschen zocken, wie die meisten Fußballer es tun. Sondern sich beweisen, dass er so ganz nebenbei es auch mit den großen Zockern wie Soros aufnehmen kann und das deutsche „Steuerland“ in die Schranken weist.
Uli, der Supertausendsassa!
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Re: 1. Bundesliga - Laberthread

Beitrag von MarS »

KPD hat geschrieben:Es geht darum, dass der Uli zum allerübelsten Schwerstverbrecher gestempelt wird, dem nicht nur die Höchststrafe bei Wasser und Brot zu wünschen ist. Sondern als ein Untäter, dem man keinesfalls noch die Hand geben, bei Alfons Schubeck Hausverbot und bei Bayern München Funktionsverbot erhalten sollte.
Wo genau soll das eigentlich passieren? Wer fordert sowas? Ich kriege davon nicht viel mit (dass irgendwo irgendwelche Internetkommentatoren übertreiben - geschenkt).

Was aber auch ziemlich doof ist: Jedem, der jetzt wagt Uli zu kommentieren und kritisieren gleich "Hexenjagd" hinterherzuschreien.

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Gryphos
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Re: 1. Bundesliga - Laberthread

Beitrag von Gryphos »

Wer des Hoeneß-Hasses fröhnen will, sollte meine "Lieblingszeitung" die Taz lesen.

http://taz.de/Kommentar-Uli-Hoeness-vor ... t/!134581/
Kommentar Uli Hoeneß vor Gericht
Charity-Golf-Turniere oder ein paar Tränen – das zieht bei uns nicht: Sie sind eine asoziale Type, Herr Hoeneß. Sie sind kein Opfer!

Der Begriff "asozial" wurde von den Nazis geprägt. Es wäre die taz die Anderen in passenden Situationen genau dieses aufs Brot schmieren würde.
Man habe Energie ohne Fanatismus,
Grundsätze ohne Demagogie und
Strenge ohne Grausamkeit.

http://greifenwandler.wordpress.com/ Guckt nach und werdet kluk! K-L-U-G

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KPD
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Re: 1. Bundesliga - Laberthread

Beitrag von KPD »

MarS hat geschrieben:
KPD hat geschrieben:Es geht darum, dass der Uli zum allerübelsten Schwerstverbrecher gestempelt wird, dem nicht nur die Höchststrafe bei Wasser und Brot zu wünschen ist. Sondern als ein Untäter, dem man keinesfalls noch die Hand geben, bei Alfons Schubeck Hausverbot und bei Bayern München Funktionsverbot erhalten sollte.
Wo genau soll das eigentlich passieren? Wer fordert sowas?
Es ist eigentlich unglaublich, dass Hoeneß, der geständige Steuersünder, der mittlerweile mehr als 27 Millionen Euro hinterzogen haben soll, nicht ausgepfiffen wird. Dass die Bayern-Anhänger ihn noch so wohlwollend im Stadion begrüßen.
http://www.spiegel.de/sport/fussball/ba ... 958132.html

Der Chef der Linkspartei, Bernd Riexinger, forderte in der "Rheinischen Post" (Dienstag-Ausgabe) den sofortigen Rückzug von Hoeneß vom Präsidenten-Amt beim deutschen Fußball-Rekordmeister Bayern München. Hoeneß habe Steuern in einem unvorstellbaren Ausmaß hinterzogen, sagte Riexinger. "Er kann nun keinesfalls weiter an der Spitze des FC Bayern bleiben. Ehrlich machen heißt zurücktreten."
http://www.manager-magazin.de/unternehm ... 57943.html

Nach Ansicht von Christian Strenger, Fachmann für gute Unternehmensführung, sollte Hoeneß den Bayern-Aufsichtsrat schleunigst verlassen: „Hoeneß ist mit seinem zu späten Mega-Geständnis endgültig zum unhaltbaren Zocker geworden. Der Aufsichtsrat sollte ihn nun eindringlich auffordern, endlich die Konsequenzen zu ziehen und zurückzutreten“

Auch Ulrich Hocker, Präsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, wirft den Bayern-Aufsichtsräten vor, falsch gehandelt zu haben: „Man hätte früher reagieren müssen. Schon nachdem die Richter das Strafverfahren zur Verhandlung zugelassen hatten, hätte Hoeneß zurücktreten müssen“, sagte Hocker dieser Zeitung.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/n ... 42191.html

Uli Hoeneß und der FC Bayern - das war Ludwig Erhard für Fußballer. Doch nach Offenbarung seiner dunklen Seite ist er für den Verein nicht mehr tragbar.
http://www.faz.net/aktuell/sport/fussba ... 40479.html" onclick="window.open(this.href);return false;
Ich kriege davon nicht viel mit (dass irgendwo irgendwelche Internetkommentatoren übertreiben - geschenkt).
Kann man sich nicht mehr schenken. Das Internet hat dem Stammtisch in ungeahntem Ausmaß Bedeutung verliehen.
Was aber auch ziemlich doof ist: Jedem, der jetzt wagt Uli zu - gleich "Hexenjagd" hinterherzuschreien.
Hat dir das wer, hier oder sonstwo hinterhergeschrien, nachdem du Uli wie mit welchen Worten und in welchen Punkten kommentiert und kritisierst hast?

Den von mir zitierten Kommentatoren allerdings würde ich "Hexenjagd" hinterherschreien. Was die da an die Adresse von Hoeneß und Bayern absondern, ist keine dezent wohlmeinende Überlegung, sondern eine widerlich dröhnende Einmischung in anderer Leute Angelegenheit.

Dass der Vorsitzende der Linkspartei sich genötigt sieht hier mitzumischen, zeigt, dass er nicht ein marxistisches, materialistisches Weltbild (was geht mich was praktisch wie an?) pflegt. Sondern einem peinlichen populistischen Moralismus fröhnt.

Sonst würde er sagen, dass das größte Problem nicht in Steuerhinterziehern wie Höneß und Schwarzer liegt. Sondern darin, dass die wirklich Superreichen und die Multis sich völlig legal ihre Steuern minimieren können.
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MarS
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Re: 1. Bundesliga - Laberthread

Beitrag von MarS »

Die von Dir verlinkten Zitate, die allesamt mehr oder weniger empört einen Rücktritt oder die Absetzung vom Präsidentenamt fordern, sind für Dich also gleichzusetzen mit "Hexenjagd", Abstempeln zum "Teufel in Person" oder zum "allerübelsten Schwerstverbrecher", mit Forderungen nach "Höchststrafe bei Wasser und Brot", und nicht nur das, sondern dass er darüberhinaus ein "Untäter" ist, dem man nicht "die Hand geben" darf usw.? Das ist doch reine Polemik. Viel mehr als die ursprünglichen Kommentare.

Davon abgesehen bin ich persönlich gerade nur noch genervt vom Ausmaß der Berichterstattung. Passiert ja sonst nichts wichtiges in der Welt, da braucht man schon unbedingt minütliche Hoeneß-Liveticker.

Ich glaube aber, dass viele einfach befürchten, dass jemand wie Uli Hoeneß, der im Amigo-Bundesland Bayern so extrem gut in die höchsten politischen Sphären vernetzt ist, vielleicht nicht so vor Gericht behandelt wird wie ein unbekannter Steuersünder, der das gleiche wie er getan hätte. Wenn das allerdings in die andere Richtung umschlägt, ist das natürlich genau so schlimm. Gleiches Recht für alle, egal für wie schlimm oder toll man Hoeneß bisher gehalten hat.

Johann Ohneland
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Re: 1. Bundesliga - Laberthread

Beitrag von Johann Ohneland »

Der Umgang mit Hoeness ist medial in der Tat sicherlich nicht objektiv. Andererseits folgt es der üblichen medialen Logik bei Skandalen. Es werden solange Helden aufgebaut, bis sie eine gewisse Fallhöhe erreicht haben, so dass der Sturz auflagensteigernd inszeniert und begleitet werden kann. Und es ist nun mal auch so, dass Hoeness dieses Spiel selber immer wieder gerne mitgespielt hat und auch gegen seine Gegner nicht immer die feine englische Art an den Tag gelegt hat. Und wer sich selber dauerhaft als Wohltäter darstellt, wird dann halt auch besonders kritisch gesehen. Gefallene Moralapostel (zumindest aus der Sicht der Bevölkerung, ob das immer die richtige Beschreibung ist, ist was anderes) trifft der "Zorn" der Bevölkerung halt besonders gerne. Kann man ja auch am Fall Edathy sehen, wo grundsätzliche rechtliche Überlegungen auch eine eher untegeordnete Rolle spielen. Dennoch kann einen bei vielen Kommentaren auf Internetseiten manchmal Angst und Bange werden. Aber das ist eigentlich bei jedem Thema so...

Das Argument mit der Selbstschädigung bei der Steuerhinterziehung ist mir bekannt, leuchtet mir aber nicht ein. Ob ich Geld, dass der Gesellschaft zusteht nicht abführe oder ob ich ne Filiale der Bundesbank ausraube, läuft für mich am Ende auf das selbe hinaus. Kriminelle Energie ist eh so ein undefinierbares Konstrukt, das mir ähnlich wie die Definition von Mord über die niederen Beweggründe oder die schädlichen Neigungen im JGG nicht sinnvoll erscheint. Wobei es mir hier auch nicht darum geht, die strafbefreiende Selbstanzeige abzuschaffen, sondern einfach zu überlegen, warum das bei anderen Delikten nicht gemacht wird. Den Arbeitsersparnis kann Polizei und Justiz eigentlich auch in allen anderen Bereichen gebrauchen. Solang das aber nicht der Fall ist, bleibt - zumindest für mich - das Gefühl, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Insbesondere wenn man sich anschaut, wie mit "Betrügern" bei Hartz-IV umgegangen wird. "Sozialschmarotzer" ist ja noch eines der harmloseren Worte, die da selbst in der offiziellen Politik verwendet werden und hier ist der Schaden für die Gesellschaft wohl wesentlich geringer. Da geht es dann auch ein bißchen um die Glaubwürdigkeit gesellschaftlicher Zustände.

Sicherlich würde es in dem beschrieben Fall zu Diversion kommen, was aber nichts an dem grundsätzlichen Strafanspruch des Staates ändert, den er halt in diesem Fall wegen Nichtigkeit und vermutlicher Schädlichkeit und Unverhältnismäßigkeit einer "harten" Reaktion aussetzt. Das kann auch bei Steuervergehen geschehen, wenn sie gering sind. Umgekehrt bringt mir eine Selbstanzeige bei einem Diebstahl zwar eventuell die Einstellung des Verfahrens, aber keine grundsätzliche Straffreiheit.
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KPD
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Re: 1. Bundesliga - Laberthread

Beitrag von KPD »

MarS hat geschrieben:Die von Dir verlinkten Zitate, die allesamt mehr oder weniger empört einen Rücktritt oder die Absetzung vom Präsidentenamt fordern, sind für Dich also gleichzusetzen mit "Hexenjagd", Abstempeln zum "Teufel in Person" oder zum "allerübelsten Schwerstverbrecher", mit Forderungen nach "Höchststrafe bei Wasser und Brot", und nicht nur das, sondern dass er darüberhinaus ein "Untäter" ist, dem man nicht "die Hand geben" darf usw.? Das ist doch reine Polemik. Viel mehr als die ursprünglichen Kommentare.
Mag sein, dass meine Formulierungen überspitzt waren. Ein wenig hatte ich dabei das Internetgeblöke im Auge. Sei s drum, ich beharre nicht darauf.

Aber wie soll man das nennen, wenn jemandem die Spucke weg bleibt, weil ein hoch verdienter Vereinspräsident von den eigenen Fans nicht wegen einer privaten Verfehlung ausgepfiffen wird?
Was, wenn selbst die seriöse Presse nicht wahrhaben will, dass Vereinspräsident kein staatliches Amt ist. Dass es Angelegenheit des Vereins ist, darüber zu befinden, ob Hoeneß trotz seiner unbestreitbaren Dienste nicht mehr tragbar als Präsident ist. Und dass er dazu nicht aufdringliche Ratschläge braucht.
Ich glaube aber, dass viele einfach befürchten, dass jemand wie Uli Hoeneß, der im Amigo-Bundesland Bayern so extrem gut in die höchsten politischen Sphären vernetzt ist, vielleicht nicht so vor Gericht behandelt wird wie ein unbekannter Steuersünder, der das gleiche wie er getan hätte.
In einer solchen Befürchtung nun sehe ich keineswegs eine „Hexenjagd“, das sollte eigentlich klar sein. Aus solch verständlicher Skepsis heraus muss man aber nicht Ulis Rücktritt als Vereinspräsident fordern. Was im übrigen sich keineswegs strafmindernd auswirken würde. Kein Gericht verlangt, dass der Angeklagte nur noch in Sack und Asche geht.
Wenn das allerdings in die andere Richtung umschlägt, ist das natürlich genau so schlimm. Gleiches Recht für alle, egal für wie schlimm oder toll man Hoeneß bisher gehalten hat.
So ist es. Es dürfte nicht leicht sein für das Gericht, ohne Promibonus, mehr noch ohne Promimalus sein Urteil zu fällen. Wie immer es urteilen wird, es kann sich eines gerüttelt Maßes an Kritik sicher sein.
Johann Ohneland hat geschrieben:Der Umgang mit Hoeness ist medial in der Tat sicherlich nicht objektiv. Andererseits folgt es der üblichen medialen Logik bei Skandalen. Es werden solange Helden aufgebaut, bis sie eine gewisse Fallhöhe erreicht haben, so dass der Sturz auflagensteigernd inszeniert und begleitet werden kann. Und es ist nun mal auch so, dass Hoeness dieses Spiel selber immer wieder gerne mitgespielt hat und auch gegen seine Gegner nicht immer die feine englische Art an den Tag gelegt hat. Und wer sich selber dauerhaft als Wohltäter darstellt, wird dann halt auch besonders kritisch gesehen. Gefallene Moralapostel (zumindest aus der Sicht der Bevölkerung, ob das immer die richtige Beschreibung ist, ist was anderes) trifft der "Zorn" der Bevölkerung halt besonders gerne.
Stimmt alles. Aber die Bevölkerung zieht die falsche Konsequenzen. Statt das als Hinweis zu nehmen, dass niemand wegen außerordentlicher Erfolge ein Übermensch ist, dessen Wort zu jedem und allem besonderes Gewicht hat, gefällt es sich daran, den vormalig Heiligen nunmehr zu kreuzigen. Statt den überbrodelnden Moralismus abzukühlen, wird weiter schön damit gekocht.
Vor dem Big Boss in Andacht zu versinken, war eben so albern, wie ihn jetzt zur Sau der Nation zu machen.
Das Argument mit der Selbstschädigung bei der Steuerhinterziehung ist mir bekannt, leuchtet mir aber nicht ein. Ob ich Geld, dass der Gesellschaft zusteht nicht abführe oder ob ich ne Filiale der Bundesbank ausraube, läuft für mich am Ende auf das selbe hinaus.
Klar, ob ich 1000 Tacken an Steuern hinterziehe, eine Bank ausraube, einer Oma mit dem Enkeltrick was von ihrer Rente abschwatze, sie zusammenschlage bis sie ihren Schmuck rausrückt, am Ende bin ich immer um einiges reicher. Aber ist das wirklich dasselbe?
Kriminelle Energie ist eh so ein undefinierbares Konstrukt
Mal so: Gibt Leute, denen kannst du selbst als Fremder Geld zur Verwahrung anvertrauen ohne jede Quittung. Dennoch, schwarz arbeiten, oder schwarz arbeiten lassen, da kann man sich bei den keineswegs sicher sein.
Der Unterschied zwischen einem Diebstahl und der Steuerhinterziehung ist eigentlich unübersehbar. Das eine mal reiß ich mir fremdes Geld unter den Nagel. Das andere mal rücke ich eigenes nicht raus.

Darin liegt für mich der eigentliche Grund, bei einer Selbstanzeige (in der Sache nichts anderes als eine korrigierende, verspätete Steuererklärung) grundsätzlich von Bestrafung abzusehen.
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Johann Ohneland
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Re: 1. Bundesliga - Laberthread

Beitrag von Johann Ohneland »

Nun ja natürlich besteht zwischen diesen Taten ein Unterschied. Deswegen hatte ich auch die Bundesbank gewählt, weil sie eine staatliche Institution ist, die am Ende auch das Geld der Steuerzahler verwaltet. Wer gezielt seine Steuern hinterzieht, schadet damit der Gesellschaft genauso, wie jemand der Steuergelder verschwendet, in die eigene Tasche umleitet oder ähnliches. Am Ende besteht derselbe Schaden an der Gesellschaft. Das man dann im einzelnen nochmal differenzieren kann, ist natürlich klar, aber grundsätzlich wäre es auch möglich in anderen Fällen Kriterien zu definieren, nach denen eine strafbefreiende Selbstanzeige erfolgen könnte. Und da kann man sich eigentlich schon fragen, warum das bisher nur bei einem Delikt möglich ist. Das es natürlich Delikte gibt, wie Körperverletzungen, wo die Gesundheit eines Opfers nicht per Papier wiederhergestellt werden kann, ist natürlich auch klar. Da ist das dann wesentlich komplizierter, als bei Betrugs- oder Vermögensdelikten.

Für alle Fälle, die du gennant hast, braucht man diese Formulierung der kriminellen Energie meiner Meinung nach nicht. Es ist am Ende ein völlig subjektiver moralisch aufgeladener kaum konkret fassbarer Terminus, der ein Überbleibsel des 19. Jahrhunderts ist. Wenn ich will, kann ich auch das gezielte Verbringen von Geld in ein fremdes Land als massive kriminelle Energie definieren, weil planvoll, klandestin und mit der Absicht der Täuschung der Gesellschaft vorgegangen wurde. Haut jemand im Affekt eine Oma um, muss das gar nix mit krimineller Energie, sondern kann auch was mit fehlender Affektkontrolle zu tun haben oder so. Kann man sich zurechtbiegen, wie man will und damit bringt der Begriff keinen Mehrwert und kann auch weg.

Grundsätzlich befürchte ich aber, dass wir dier anderen vielleicht gerade etwas langweilen und das eigentliche Threadthema immer mehr verlassen, auch wenn ich diese Meta-Ebene sehr interessant finde :D
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Re: 1. Bundesliga - Laberthread

Beitrag von Godzilla77 »

Also ich bin schwer beeindruckt das Hoeness (via Verteidigung) alle - anscheinend erheblich schwerwiegende tatsächlichen Vorwürfe - ohne größeres Lamento einräumt. Daher würde ich es auch befürworten wenn er mit einem "Denkzettel" von vielleicht 5-6 Jahren Knast mit Freigang veruteilt wird. (Immerhin gilt ja die Gefängnis-Strafe in der BRD als "Resozialisierungsverfahren").
Ich persönlich halte Verbrechen am Volk für erheblich schwerer als irgendwelche Delikte an Einzelpersonen. Wirtschafts-, Finanz- und Fiskalverbrecher halte ich (meine Meinung!) für wesentlich üblere Figuren als andere Verbrecher.
Aber Hoeness, hin Hoeness her, das Strafmaß wird natürlich ein Gradmesser für die Glaubwürdigkeit dieser Republik sein.

(Klar hab ich auch schon darüber nachgedacht das Hoeness´ 28 Millionen versteuert, von so armseligen Tranfunzeln wie z.B. de Maiziere, in sinnlosen schwachmatischen Drohnenprojekten o. Ä. versenkt worden wären. Aber das sind ja andererseits genau die falschen Freunde vom Herrn Hoeness.)
...ceterum censeo BSV SW Rehdinem esse delendam.

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Re: 1. Bundesliga - Laberthread

Beitrag von KPD »

Vorab, deiner Sorge, dass wir andere hier etwas langweilen, solltest du nicht zu viel Gewicht beimessen. Wen ´s nicht interessiert, der braucht es nicht zu lesen. Der Vorteil hier, man kann hier wirklich Argumente austauschen. Anders als in den großen Foren wie spon, wo oft schneller gepostet wird, als man lesen kann.

Ich glaube, wir sind uns näher gekommen. Aber m. E. fixierst du dich immer noch zu stark auf das Resultat einer Tat. = „Die Tat tötet den Mann“. Aber nach heutiger Auffassung kann ich die Voraussetzungen, die Begleitumstände, und die subjektive Seite, wie immer ich sie zu erfassen suche, nicht bei Seite lassen. Genau das vernachlässigst du hier.
Wer gezielt seine Steuern hinterzieht, schadet damit der Gesellschaft genauso, wie jemand der Steuergelder verschwendet,
Steuerhinterziehung geschieht vorsätzlich. „Steuerverschwendung“ fahrlässig, mitunter aber auch trotz aller Sorgfalt unvermeidlich.
Vor Fehlentscheidungen, Fehlinvestitionen, Fehlkalkulation ist niemand sicher. Ob Politiker, Beamter, Unternehmensfunktionär.
in die eigene Tasche umleitet oder ähnliches.
Das wäre wieder ein anderer Fall. Strafbar als Untreue oder Unterschlagung.

Die Tatumstände sehen eben anders aus, wenn ich mich an fremdem Eigentum - vielleicht sogar noch gewalttätig - vergreife, oder pflichtwidrig fremdes Eigentum nicht mehre. Und das grundsätzlich. Wenn jedoch jemand ne Oma umhaut, oder in die Kasse greift, ist die subjeltive Seite eine Frage des Einzelfalls.

Zu der Frage, die dich juckt, Einführung einer strafbefreienden Selbstanzeige bei anderen Vermögensdelikten. Auf die Schnelle, ich sehe da keinen großen Bedarf:
Wenn ich was geklaut habe und habe dann Gewissensbisse, lege ich das unbeobachtet, oder schicke es anonym zurück. Habe ich wen beschissen, erkläre ich alles zum Irrtum oder Versehen, Geld zurück. Nachzuweisen wird mit schwerlich was. Der Geschädigte wird froh sein, und wenn doch nicht genug, wird die Angelegenheit den Staatsanwalt nicht groß kümmern.

Soweit die juristische Fizzelei. Was mich eigentlich nervt an der Honess-Debatte: Dass aufgeregt neben der strafrechtlichen, eine gesellschaftliche Zweitbestrafung gefordert wird. Frischfröhlich werden Recht und Moral gemixt und Menschen gesellschaftlich erledigt: Edathy ist nicht nur sein Bundestagsmandat los, sondern soll auch noch aus der Partei geschmissen werden, als hätte er Pädophilie als originär sozialdemokratisches Gedankengut verkündet. Zu Frauenfragen darf sich nur jemand äußern, der pünktlich seine Steuern bezahlt hat. Stellen sich die Vorwürfe hinterher als überzogen - Wulff - raus, dann will es keiner gewesen sein.

Es geht keineswegs darum, dass ich einer einzigen dieser Personen irgendwie nahe stünde. Aber ich befürchte, uns kleinen Sündern wird es keineswegs besser gehen, wenn man vermehrt auch Große hängt.
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Re: 1. Bundesliga - Laberthread

Beitrag von KPD »

Godzilla77 hat geschrieben:Ich persönlich halte Verbrechen am Volk für erheblich schwerer als irgendwelche Delikte an Einzelpersonen. Wirtschafts-, Finanz- und Fiskalverbrecher halte ich (meine Meinung!) für wesentlich üblere Figuren als andere Verbrecher.
Deine Auffassung ist natürlich höchst ehrenwert. Aber dennoch, ich weiß nicht wieso, ich fände denjenigen übler, der mich, oder dich, persönlich um 1000 Tacken erleichtert, als denjenigen, der "die Allgemeinheit" um dieses Sümmchen bescheißt. :)
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Re: 1. Bundesliga - Laberthread

Beitrag von Dino »

Bemerkenswert, dass der Fall Hoeneß (auch hier; und ich nehme mich da selbst nicht aus) so viel Aufmerksamkeit erhält. Das hängt wohl damit zusammen, dass Hoeneß nun mal ein sehr bekannter und umstrittener Fußball-Manager und eben eine reale Person ist.
Größere Steuerskandale gibt es ja durchaus seit Jahr(en) und Tag(en).

Beispiel Amazon:

Die machen in Deutschland knapp € 9 Milliarden Umsatz, führen aber an Ertragssteuern in Deutschland nur maue € 3 Millionen auf einen Vorsteuer-Gewinn von angeblich nur € 10 Mio. ab. Wie geht das? Gewinne werden über konzerninterne Verrechnungen in Steueroasen (etwa Luxemburg) verschoben. Und die liegen pro Jahr im dreistelligen Millionenbereich (wenn auch im unteren dreistelligen Bereich).

Ist das nun legal? Scheinbar ja; in Wirklichkeit nein. Jeder Mittelständler mit Betrieben in unterschiedlichen (deutschen) Bundesländern muss schon sehr sorgfältig belegen, dass seine internen Verrechnungspreise angemessen sind. Ansonsten droht das Risiko, dass Bundesland A den im dort gelegenen Unternehmen ausgewiesenen Gewinn als „künstlich“ zu niedrig gerechnet ansieht und steuerliche Forderungen aus „verdeckter Gewinnausschüttung“ (an das Unternehmen im Bundesland B) geltend macht, auch wenn im Bundesland B alles ordnungsgemäß versteuert wurde. Hat der Mittelständler neben seinem deutschen Unternehmen noch eins im Ausland (etwa in Polen) muss er hinsichtlich der Verrechnungspreise erst Recht sehr vorsichtig sein. Ganze Heerscharen von Beratern und Rechtskundigen leben davon, dass sie ihr Expertenwissen zu den Risiken der Gestaltung interner Verrechnungspreise vermarkten.

Aber an internationale Großunternehmen wie Amazon, Apple, Google, Starbucks usw. traut sich die Steuerverwaltung nicht heran, und die Politik bewegt sich da in der Art und Weise der Echternacher Springprozession.
Herr Jean-Claude Juncker (inzwischen abgewählter Ministerpräsident von Luxemburg) hat seine lange Amtszeit vorwiegend dazu genutzt, Luxemburg zum eigenen Vorteil als Steuerschlupfloch zu erhalten. Nachdem ihn die Luxemburger abgewählt haben, taucht er als Spitzenkandidat der Konservativen für die Europawahl wieder auf. Da hat er gute Chancen, neuer Präsident der EU-Kommission zu werden.
Ich kann mir gut vorstellen, wie die Steueroptimierer von Amazon, Apple, Google, Starbucks, usw. sich freuen, wenn Herr Juncker sich demnächst vielleicht von europäischer Warte aus um ihre Steueroptimierung kümmert.

Von irgendeiner „Enttäuschung“ oder „Empörung“ unserer Politikerkaste zu diesem Skandal oder gar von Rücktrittsforderungen in diesem Zusammenhang ist mir nichts bekannt. Dabei geht es hier schon seit Jahren um Summen in einer deutlich höheren Größenordnung als bei Uli Hoeneß. Und unbekannt ist das alles keineswegs. Man bräuchte hier keine gekauften Bankdaten oder Selbstanzeigen.

Nur um nicht missverstanden zu werden: Eine Entschuldigung für das Steuervergehen von Hoeneß will ich aus alldem nicht herleiten.
„Der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen. Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.“
(Albert Camus)

Johann Ohneland
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Re: 1. Bundesliga - Laberthread

Beitrag von Johann Ohneland »

Ich glaube bei Dinos Beispiel passt dieses etwas zu oft strapazierte und Stalin zugesprochene Zitat "Der Tod eines Mannes ist eine Tragödie, aber der Tod von Millionen nur eine Statistik". Beim Steuerbetrug eines Einzeltäters ist halt der Fall eher leichter zu überblicken, die Schuldattributierung meist eindeutig, man kann sich unter den Summen was vorstellen etc...

Grundsätzlich tendiere ich zu Godzillas Meinung, was die Bewertung der Straftaten angeht, wobei ich da eher 27 Millionen Steuerbetrug und zum Beispiel Fälle wesentlich geringwertigeren schweren Diebstahls in Relation setzen würde, die gerne aber auch mal härter sanktioniert werden. Ist aber am Ende natürlich recht schwer da Abgrenzungen zu finden und ich muss zugeben, da jetzt auch keine abschließende Systematik im Kopf zu haben. Aber wie gesagt, grundsätzlich finde es gar nicht unbedingt notwendig, dass Steuerbetrug härter bestraft werden sollte, sondern finde nur, dass man bei diesem Vergehen, trotz teilweiser immenser Schadenshöhe, die Möglichkeit hat, wesentlich entspannter aus der Sache rauszukommen, als bei anderen eigentlich wesentlich weniger schädlichen Delikten (Schaden in dem Fall natürlich erstmal subjektiv definiert).

Sicherlich ist dein Lösungsweg bei insbesondere kleinen Fällen möglich, wobei ich da immer noch den Unterschied sehe, dass Schadenswiedergutmachung in den Fällen nicht automatisch den staatlichen Strafanspruch erlöschen lässt. Bei Steuerhinterziehung aber in jedem Fall, egal um welche Summe oder auf welche Art und Weise das geschehen ist. Das ist für mich nicht über die prinzipielle Andersartigkeit von Steuerbetrug zu erklären und auch nicht zu rechtfertigen. Rechtfertigen lässt sich das für mich nur mit dem Argument, dass das Geld halt sonst für den Staat aller Voraussicht nach eher futsch ist, was aber natürlich bestimmten Verbrechen die in gewissen Dimensionen nur von der Oberschicht begangen werden können, Sonderrechte einräumt, die anderen nicht offen stehen. Sprich: Will ich als reicher Mensch, mehr Geld besitzen, führe ich keine Steuern ab. Dieser Weg steht Angehörigen der Unterschicht erstmal nicht offen, weil das Vermögen gar nicht da ist, das so vermehrt werden könnte. Also sind bei der gleichen Motivation "Mehr Geld haben" schon die Handlungsräume andere. Wenn man dann noch in Relation setzt, mit welcher Härte die Arbeitsagenturen teilweise gegen "Betrüger" bei Hartz-IV vorgehen, was ja teilweise bis zum Teilentzug lebensnotwendiger Mittel gehen kann, nur wenn Unterlagen nicht richtig ausgefüllt wurden, dann finde ich, dass hier eine schwer zurechtfertigende Ungleichbehandlung vorliegt. Wobei ich wie gesagt damit nicht einer stärken Bestrafung von Steuerdelikten das Wort reden will. Eher geht es mir um die interne Systematik des Ganzen. Ich finde deine Argumente zwar durchaus überzeugend, warum Steuerbetrug Unterschiede zu anderen Delikten aufweist, aber das reicht mir subjektiv noch nicht als Begründung mit ihr grundlegend anders zu verfahren.

Ich hoffe man versteht, was ich meine.
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Re: 1. Bundesliga - Laberthread

Beitrag von KPD »

Johann Ohneland hat geschrieben:Will ich als reicher Mensch, mehr Geld besitzen, führe ich keine Steuern ab. Dieser Weg steht Angehörigen der Unterschicht erstmal nicht offen, weil das Vermögen gar nicht da ist, das so vermehrt werden könnte.
Ganz so ist es nicht. Die Steuerhinterziehung des kleinen Mannes ist Schwarzarbeit bzw. Schwarzarbeiten lassen. Oder ein nicht angemeldetes Kleingewerbe betreiben, bzw. wenn angemeldet falsche Steuererklärungen abgeben. Wie mir mal ein leitender Finanzbeamter sagte, stellt die Finanzverwaltung diesen „kleinen Fischen“ nicht systematisch nach. Ein gewisses Maß von Schattenwirtschaft wird einfach hingenommen. Obwohl leicht auf die Spur zu kommen wäre, ein Blick in die Kleinanzeigen genügt. Riskanter bzw. schwieriger ist seit Neuem der Schwarzhandel bei ebay geworden. Da einerseits ebay selbst darauf achtet, ob es um Gelegenheits- oder systematischen Handel geht, es andererseits sich bereit erklärt hat, den Steuerbehörden ohne weiteres Auskunft zu geben.
Wenn man dann noch in Relation setzt, mit welcher Härte die Arbeitsagenturen teilweise gegen "Betrüger" bei Hartz-IV vorgehen, was ja teilweise bis zum Teilentzug lebensnotwendiger Mittel gehen kann, nur wenn Unterlagen nicht richtig ausgefüllt wurden, dann finde ich, dass hier eine schwer zurechtfertigende Ungleichbehandlung vorliegt.
Ich gebe dir hier recht, eine gewisse Ähnlichkeit ist hier nicht abzustreiten. Allerdings hat sich nach meinem Eindruck die Situation hier entspannt. Sehr stressig war sie zu Anfang, bei der Einführung von Hartz. Allein schon, da hier ein äußerst kompliziertes Regelwerk und neue aufgeblähte Behörde mit z.T. unqualifiziertem Personal geschaffen wurden. Und damals eine allgemeine Hetze gegen „Sozialschmarotzer“, nicht zuletzt von den großartigen Sozialdemokraten Schröder und Clement betrieben wurde.

Falls ein Hartzer nun etwas ähnliches wie ein Steuerhinterzieher gemacht hat, Konto oder Erbschaft verschwiegen, gibt das nachträglich von sich aus an, wird das Arbeitslosenamt sich freuen, dass es weniger bezahlen muss, bzw. unrechtmäßige Leistungen erstattet kriegt. Und auf eine Betrugsanzeige verzichten. Sollte dementgegen der Sachbearbeiter ein Korinthenkacker sein, da würde ich als Anwalt des Hartzers in der Tat auf die steuerliche strafbefreiende Selbstanzeige hinweisen.

Ein Argument, das mir allerdings aus der Hand geschlagen wäre, würde man die Selbstanzeige unseren Supermoralisten folgend abschaffen.
Dass Härte gegen die Großen nicht unbedingt uns Kleinen hilft, darüber sind wir uns offenbar einig
Dino hat geschrieben:Bemerkenswert, dass der Fall Hoeneß (auch hier; und ich nehme mich da selbst nicht aus) so viel Aufmerksamkeit erhält. Das hängt wohl damit zusammen, dass Hoeneß nun mal ein sehr bekannter und umstrittener Fußball-Manager und eben eine reale Person ist.
Größere Steuerskandale gibt es ja durchaus seit Jahr(en) und Tag(en).

Beispiel Amazon:
Genau so etwas hätte eine wirklich linke Partei deutlich zu machen. Statt so einen moralisierenden Blödsinn abzulassen, das Gericht könne Hoeness` Geständnis nur dann Glauben schenken, wenn er als Bayern-Präsi zurücktrete.
http://www.manager-magazin.de/unternehm ... 57943.html
Mer werde gewinne

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Re: 1. Bundesliga - Laberthread

Beitrag von Soccer_Scientist »

Einfach mal schauen, wie viele Leute, die in ihrem innersten Kreis haben, die mal aktiv Fußball gespielt haben und wissen, wie der Hase läuft.

http://www.spiegel.de/sport/fussball/ul ... 96142.html" onclick="window.open(this.href);return false;
Männer, die gern tanzen, seh'n beim Tanzen super aus (Detlef)

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