BöllerB hat geschrieben: 14.07.2020 20:12
Mein VfB
[1)] Wie seid ihr zum VfB gekommen?
[2)] Was waren eure schönsten und tragischsten Momente mit dem Verein?
[3)] Was zeichnet den VfB aus und welche Bedeutung hat er für euch?
[4)] Welches Bild habt ihr aktuell vom VfB?
[5)] Was wünscht ihr euch vom VfB in Zukunft?
Diese und weitere Fragen möchten wir langjährig verbundenen VfB Fans und Vereinsmitgliedern stellen. Wenn ihr Vorschläge habt, wen wir befragen sollen oder wenn ihr selbst Interesse habt, mitzumachen, schreibt uns eine Nachricht.
Von der FuFa Facebook Seite (
https://www.facebook.com/Fan-und-F%C3%B ... 643544381/)
Ich nehme an, die Fragen kann man auch auf diesem Wege beantworten?! Dann will ich das als "langjähriger" (28 Jahre sind okay?) und "verbundener" VfB-Fan und als Vereinsmitglied zumindest mit den ersten beiden Fragen hier gerne tun. Falls man meine Antworten verwerten bzw. verwenden möchte, darf man mich vorher gerne noch mal persönlich anschreiben.
1) Meine ersten Profifußball-Erinnerungen haben ich an die EM 1992 in Schweden. Danach habe ich als kleiner Junge damals damit begonnen, die Fußball-Fotos aus der NWZ auszuschneiden und sie über meinem Bett aufzuhängen. Dabei war auch ein großes Mannschaftsfoto unseres VfB vor der Saison 1992/1993. Und jeden Spieltag kamen neue (VfB-)Fotos dazu. In diesen Anfangsjahren habe ich den VfB ausschließlich über die Zeitung verfolgt und mir montags ganz gespannt die Ergebnisse und Berichte in der NWZ angeschaut. Ich erinnere mich außerdem an eine Radtour mit meinen Eltern in dieser Zeit, die uns am Marschwegstadion vorbeiführte, wo wir einen kurzen Halt machten. Die Geräuschkulisse, die damals von der Tribüne her zu uns schwappte, hat mich als kleiner Junge sehr begeistert. In der Saison 1994/1995 war ich dann das erste Mal selbst im Stadion. Der Vater einer Klassenkameradin war im (medizinischen?) Betreuerstab des VfB und nahm uns Kinder mit, weshalb wir neben der Trainerbank sitzen durften. Das war ein unvergessliches Erlebnis. Und fortan bin ich in jeder Saison ins Stadion gegangen. So bin ich zum VfB gekommen.
2a) Wie das beim VfB so ist, überwiegen die tragischen Momente die schönen deutlich. Dennoch möchte ich mit den schönen beginnen. Gefühlt bin ich der einzige Oldenburger, der 1996 nicht gegen TeBe im Stadion gewesen ist. Dennoch drang die Kunde des Sieges schnell zu uns nach Hause. Und mein Vater sagte: "Komm, wir fahren zum Rathausplatz!" Wir sind dann auf's Rad gestiegen und los. Höhe Pferdemarkt kam uns das erste hupende Auto mit VfB-Fahne aus dem Schiebedach entgegen. Und auf dem Rathausplatz wurde dann die Mannschaft von tausenden Menschen empfangen. Wir waren dabei, und es war ein grandioser VfB-Moment.
Ähnliche Hochgefühle erlebte ich dann erst wieder in der Saison 2001/2002. Unsere Mannschaft gewann die ersten elf Saisonspiele und holte am Ende den Meistertitel in der Oberliga. Mein erstes Auswärtsspiel hat sich mir dabei besonders eingebrannt. Wir fuhren mit dem Zug nach Lüneburg und gewannen dort im Dauerregen hochverdient mit 6:0. Auch der turbulente 3:1-Heimsieg über den direkten Verfolger aus Nordhorn mit Josic' Tor von der Mittellinie ist mir in gänsehautverursachender Erinnerung geblieben. Und natürlich ist hier auch der 3:0-Sieg über Göttingen am letzten Spieltag zu nennen, der uns die Meisterschaft bescherte. Zwischenzeitlich waren wir bis auf Platz vier abgerutscht. Und erst Ihrhoves Überraschungssieg über Spitzenreiter Nordhorn hatte uns am 33. Spieltag ins Titelrennen zurückgebracht.
Der sportliche Niedergang war dennoch nicht aufzuhalten, und so ging es erst in der grandiosen Saison 2006/2007 wieder aufwärts. Höhepunkt dabei war der Aufstieg am letzten Spieltag beim 4:0 über Lingen. Was da im Stadion los war ("Das Feuer von Donnerschwee neu entfachen"), war fantastisch. Und eng mit diesem Tag verbunden sind die Highlights der folgenden Saison. Denn hier wird mir der erste Spieltag unvergesslich bleiben: ein chancenarmes 0:0 in Cloppenburg. Das mag verwundern, aber es war einfach ein unglaublich stolzer Tag. Proppevoller Gästeblock ("Wir haben uns auch vermisst"), starke Leistung beim klaren Favoriten BVC und erster Punktgewinn in einer Saison, in der man Sechster werden musste, um nicht gleich wieder abzusteigen. Die Hinrunde blieb dann auch großartig und hatte einen meiner absoluten VfB-Höhepunkte zu bieten: den 3:2-Sieg über Kiel. Man muss sich das vorstellen. Holstein war in der Vorsaison mit dem Ziel Zweitligaaufstieg völlig überraschend aus der Drittklassigkeit abgestiegen und hatte nun in der vierten Liga den mit Abstand besten und teuersten Kader. Damit nicht genug, denn der Topfavorit führte am Marschweg dann schnell mit 2:0. Doch wir drehten dieses Spiel tatsächlich noch auf 3:2 für Blau-Weiß. Und Bastis Freistoß hämmerte sich nicht nur in die Kieler Maschen, sondern auch in die VfB-Geschichtsbücher. Die Saison verlief dann schließlich doch ganz anders und frustrierend. Dennoch stellt der letzte Spieltag einen meiner schönsten VfB-Momente dar. Wir spielten Henstedt-Rhen mit 6:0 an die Wand, waren aber auf einen Meppener Patzer gegen Kiel angewiesen. Als die Kunde vom Kieler Tor nach Oldenburg drang, explodierte plötzlich die Gegengerade. Die letzten Sekunden tigerte ich dann die Tribüne rauf und runter. Es ging um alles. Heiko war mit dem Telefon beim Meppen-Spiel und "kommentierte" die Schlussphase live für die Zuschauer am Marschweg. Nach gefühlten Ewigkeiten schrie er dann endlich "Schluss!", und wir hatten es tatsächlich noch in die Relegation geschafft.
Ein Erlebnis, das mich über viele Jahre getragen hat, war das 3:3 am 32. Spieltag der Saison 2008/2009 in Meppen, das uns fast sicher zum Meister gemacht hat. Knapp 10.000 Zuschauer in der fünften Liga, Derby unter Flutlicht, ein 1:3 noch aufgeholt und großartige Stimmung im Gästeblock. Das war für mich damals VfB pur. Und davon habe ich immer allen Freunden, Bekannten und Kollegen erzählt, wenn sie mich gefragt haben, wie um Himmels willen man nur zu einem Fünftligisten gehen könne.
Mein nächster "schönster VfB-Moment" ist tatsächlich ein Moment. Es ist das Tor zum 1:1 von Sebastian Ferrulli im DFB-Pokal 2011 gegen den HSV. Wir spielten in der fünften Liga, hatten uns nach 14 Jahren endlich mal wieder für den Pokal qualifiziert und empfingen vor ausverkauftem Haus einen (den!) Bundesligisten. Und zu der Zeit war der HSV auch noch lange nicht der Chaos-Klub, der er in den folgenden Jahren geworden ist (schon die Auslosung im Fernsehen war ein Höhepunkt gewesen). Deshalb wurde ich vor dem Spiel leicht nervös, denn man wusste ja, wie es beim VfB halt immer so läuft: Da hat man tatsächlich mal etwas geschafft und sich über Umwege wahrhaftig für den DFB-Pokal qualifiziert. Das ganze Land schaute nun zu. Da konnte es ja eigentlich wieder nur richtig in die Hose gehen. Deshalb befürchtete ich irgendwann sogar eine zweistellige Niederlage (bei einem Spiel zwischen einem Bundesligisten und einem Niedersachsenligisten eigentlich auch standesgemäß), durch die wieder alle nur über den VfB lachen würden. Doch die Mannschaft kämpfte großartig, steckte sogar das 0:1 weg. Und dann ließ Ferrulli Westermann stehen, lief auf Drobny zu und traf zum 1:1. Wahnsinn. Gänsehaut. Mehr ging nicht. Ich stand auf der Gegengerade. Auf der Zusatztribüne hinter dem Tor, in das Ferrulli getroffen hatte, saß mein Großvater. Ein Ur-VfBer, der inzwischen aber alt, krank, auf den Rollator angewiesen und (auch deshalb) seit vielen, vielen Jahren nicht mehr beim VfB gewesen war. Ich hatte ihm die Karte geschenkt, weil ich wollte, dass er dieses Spiel sehen kann. Noch einmal seinen VfB in einem großen Spiel. Meine Eltern hatte ich gebeten, mit ihm zu gehen, da er es körperlich allein nicht mehr konnte. Und da saß er nun im Stadion, auf der Zusatztribüne, hinter dem Tor, und Ferrullis Schuss rollte zum 1:1 für unseren VfB gegen den HSV ins Netz. Was für ein VfB-Moment!
Da dieser Moment so groß gewesen ist, kann ich die bislang letzten großen VfB-Momente kurz zusammenfassen: 2012 waren wir endlich in die Regionalliga aufgestiegen. In der ersten Saison gewannen wir unser Auswärtsspiel in Meppen mit 2:1. Das war ein fantastischer Tag. Der Gästeblock war voll, die Stimmung im Stadion aggressiv und Lüttmanns Jubel vor der Kurve unvergessen. Auch das Feiern nach dem Spiel mit der Mannschaft war ein Höhepunkt... Im Pokal-Halbfinale 2015 waren wir zu Hause dann der krasse Außenseiter gegen Osnabrück. Es war nach so vielen Jahren endlich wieder das (!) Derby. Es ging um etwas. Und das Stadion (vor allem der Gästeblock) war gut gefüllt. Wir machten ein gutes Spiel, ohne aber offensiv gefährlich zu sein. So lagen wir 0:1 zurück. Bis zur 90. Minute. Das 1:1 von Laabs werde ich nie vergessen. Es war ein unfassbarer Moment. Ein Tor aus dem Nichts. Und ein riesiger Erfolg, gegen Osnabrück das Elfmeterschießen erreicht zu haben... 2015/2016 erlebten wir dann die Vizemeister-Saison mit dem Höhepunkt des 5:1-Sieges in Meppen. Das war die Krönung. Da habe ich an den Drittliga-Aufstieg geglaubt. Wer sollte uns schlagen? Es war das vielleicht beste Spiel, das ich jemals vom VfB gesehen habe. Wir hatten Chancen für ein 12:1. Meppens Abwehr hatte sich (samt Torwart) aufgelöst. Es war eine Demonstration. Ein Fest. Ein Rausch. Es war unbeschreiblich. Ich empfand eine Art von Glücklichsein... Mein bislang letzter schönster Moment war wieder ein wirklicher Moment und spielte sich während einer der großen Niederlagen ab. Es war bei der vorentscheidenden 1:2-Niederlage gegen Wolfsburg II in derselben Saison. Ich stand auf der Gegengerade und fühlte etwas, das ich am Marschweg in den jüngsten Jahren nur sehr selten fühlte: Fußball-Atmosphäre. Die Tribüne ging richtig mit. Es kam ein regelrechter Geräuschdruck von dort zu den Stehplätzen herüber. Fast so wie damals, als ich als kleiner Junge bei der Radtour meiner Eltern am Stadion vorbeigekommen war und mich von der Kulisse hatte begeistern lassen. In Jubel und Frust war das an diesem Nachmittag eine tolle Stimmung, die bei mir die Hoffnung am Leben erhalten hat, dass es mit dem VfB irgendwann doch noch wieder aufwärts gehen könnte.
Jetzt muss ich wieder zur Arbeit. Deshalb beantworte ich die andere Frage zu einem späteren Zeitpunkt. Glück auf!