VfB - die Achtziger

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Myron
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Re: VfB - die Achtziger

Beitrag von Myron »

Saison 79/80, Teil 3

Weiter, immer weiter. Ach ja, der Titan. Heutzutage mag Oliver Kahn ja diesen Spruch gepachtet haben, mit dem er den FC Bayern und sich zu Titeln gepeitscht hat. Aber als Oliver Kahn gerade einmal 10 Jahre alt war und beim Karlsruher SC in der Jugend kickte, als Feldspieler übrigens, da marschierte ein Team durch die Oberliga Nord, das sich auch „Weiter, immer weiter“ auf die Fahnen geschrieben hatte.
Die Oberliga Nord war damals, 1979, noch die dritthöchste Spielklasse, eine von acht Staffeln in Deutschland, und das Maß aller Dinge in Norden schien unser VfB Oldenburg zu sein.

Das galt in vielerlei Hinsicht: Kaum ein anderes Team kam mit so einem kleinen Kader so gut durch die Saison, kaum ein Verein setzte auf so wenige Spieler, die zum engen Kreis gehörten. Kein anderes Team war 1979/80 dermaßen abwehrstark, und kein anderes Team hatte Donnerschwee im Rücken, diesen einmaligen Platz voller Atmosphäre, voller Seele.

Hölle des Nordens? Der Marketingspruch kam später, eigentlich erst 1991, als in Donnerschwee kein Ball mehr rollte. Vielen Oldenburgern kam dieses so rumpelige und unkomfortable Stadion mit seinem morbiden Charme dagegen eher wie der Himmel auf Erden vor. Der Platz zum Träumen. Der Platz zum hautnah dabei sein. Eben: der VfB-Platz.

Und das Team machte seinem Umfeld damals alle Ehre. Der VfB war immer noch ungeschlagen, als sich am 6. Spieltag Barmbeck-Uhlenhorst vorstellte, und wir schreiben nun den Herbst 1979. Der Kanzler hieß Helmut Schmidt, die Grünen galten als zauselige Ökospinner und chaotischer Haufen, der bald wieder verschwinden würde. Es gab gab noch keine Handys, kein Internet, aber die DDR, den Ostblock, den Kalten Krieg in Europa, keine Computer und zwei Jahre vorher rollten noch Dampfloks über deutsche Schienen und, naja, das hatten wir ja alles schon erwähnt.

Der VfB also gegen BU, den Hamburger Kult-Klub, der heute noch tiefer in der Versenkung verschwunden ist als unsere Blauen (Verzeihung, sooo schlimm isses ja nicht). Wie endlos lange das alles her ist, zeigen die doppelten Brehmes. Vater und Sohn. Der, Vorname Andreas, spielte damals als blutjunger Hüpfer ganz am Anfang seiner Karriere als Libero für BU. Und der mit Vornamen Bernd war sein Vater und saß damals als Uhlen-Coach auf der Bank.

Aber auch die doppelten Brehmes konnten den VfB nicht stoppen. Nach dem Krawall-Spiel in Göttingen reichte eine bestenfalls solide Leistung zum 2:0. Peter Darsow nagelte nach 16 Minuten einen Foulelfmeter unter die Latte, und die älteren unter uns, die ihn haben spielen sehen, wissen, dass er keiner war, der verzögert oder angetäuscht und wie Breitners Paul in die Ecke geschoben hätte. Peter Darsow hat platziert und meistens einfach knallhart verwandelt. So, wie er fast immer gespielt hat: schnörkellos, kompromisslos, alles reinhauend. Was war Peter Darsow ein Vorbild als Mannschaftsspieler! Zehn Minuten vor Schluss machte dann noch der erstmals in dieser Saison spielende Joker Rudi Hagen mit dem 2:0 vor 3800 Fans alles klar. Insgesamt nix Dolles, aber eben ein Sieg. Wie es so schön heißt: Willst du Meister werden, musst du auch die schwächeren Spiele gewinnen.

Eine Woche später sah das nicht viel anders aus. Der VfB trat am 7. Spieltag beim Aufsteiger SV Meppen an und gewann 2:0. Eigentlich verbindet man mit einem 2:0 in Meppen ja heute ein ganz anderes Spiel….

Egal, damals, das noch als Bonmot, kassierte auf Meppener Seite ein eisenharter Libero eine 10-Minuten-Zeitstrafe (die es 1979 noch gab). Wer‘s war? Kleines Rätsel: Der Mann sollte so gut und gerne 15, 16 Jahre später mal beim VfB Trainer werden, sehr überraschend in die 2. Liga aufsteigen und dort sang- und klanglos wieder abschmieren….

Damals jedenfalls traf Rechtsaußen Reinhold Specht vor der Pause und kurz vor Schluss zum insgesamt verdienten 2:0. Meppens beste Chance vor 3000 Fans hatte ein Mittelfeldspieler namens Günter Hoormann, von dem wir dann in der Saison 80/81 noch ein bisschen hören werden.

Und weiter, immer weiter…

Am 8. Spieltag stellte sich der MTV Gifhorn beim VfB vor, und die sonst nicht sonderlich sturmstarken Oldenburger schickten den Gast immerhin mit einem klaren 3:0 auf die Reise. 4700 Fans freuten sich, weil es dreimal was zu bejubeln gab, Specht (33.), Darsow (69.) und Fraas (73.) sorgten für das klare Ergebnis in einem Heimspiel, das Trainer Helmut Mrosla als das bis dahin beste der Saison bezeichnete.
Eine Woche drauf war Derby-Zeit, der VfB musste am 9. Spieltag beim TSR Olympia Wilhelmshaven ran, und das waren natürlich immer besondere Spiele. Hinzu kam, dass beim TSR ein paar Tage vorher Coach Hans-Wilhelm Loßmann die Brocken hingeworfen hatte. Gegen den VfB musste der langjährige Stammkeeper Uwe Reese das Team auf- und einstellen.

Apropos Stammkeeper: Harald Witt sorgte ungewollt für die größte Schrecksekunde im Derby. Er verletzte sich nach 12 Minuten bei einem Zusammenprall und musste drei Minuten später vom Platz. Zum Glück bestätigte sich der Verdacht auf einen Beinbruch nicht, aber beim VfB feierte nun also Ersatzmann Volkmar Kruit einen seiner wenigen Einsätze. Er sollte Oldenburg zwei Jahre später in Richtung Wilhelmshaven verlassen und damit indirekt beim VfB ein einjähriges Chaos im Tor auslösen, das als „Krieg der Torhüter“ unrühmliche Berühmtheit erlangte. Aber davon dann irgendwann mal sehr viel mehr…

Kruit hielt damals allerdings stark und seinen Kasten sauber, der VfB traf vor 3500 Zuschauern einmal, und zwar durch Urgestein Wilfried „Schorti“ Osterkamp.

1:0, Derby-Sieg, und wieder so ein typisches VfB-Spiel, in dem die Abwehr mit Libero Stefan Gläser, Vorstopper Peter Darsow und den Verteidigern Dieter Wedemann und Detlef Wörz bombensicher stand. Vorne war’s trotz guter Einzelspieler eher etwas mau, aber der VfB lebte damals von seiner Robustheit und Kompaktheit, und das sehr gut.

Zum Thema Stürmer passt wie die Faust aufs Auge das nächste Heimspiel, 10. Spieltag, VfB gegen den Bremer SV, der damals viel Geld im Rücken hatte und sich ein paar Ex-Profis leisten konnte. Einer war der ehemalige Werder-Spieler Volker Ohling, der beim BSV wahlweise als Nummer 9, 10 oder wenn Not am Mann war, auch mal als 5 auflief und nach der Saison zum VfB wechselte, um dort erfolgreich in der 2. Liga das Sturmproblem zu beheben. Diesmal allerdings sollte Ohling gegen Detlef Wörz keinen Stich machen.

Konsequenterweise endete die Partie, ja wie schon, 1:0 für den VfB. Stefan Gläser traf aus 17 Metern nach gut einer Stunde, und weil die Gäste da nur noch zu zehnt waren, brannte nichts mehr an, obwohl Peter Darsow verletzt raus musste und Oldenburgs Beton-Abwehr (wieder mit Witt im Tor) erstmals verändert werden musste. Die Kulisse? Unfassbare 7000 Fans in Donnerschwee, die den Spitzenreiter laut unterstützten, und sich wohl doch ein bisschen mehr als wieder nur ein 1:0 erhofft hatten.

Der VfB aber hatte alle Argumente auf seiner Seite. Offensive gewinnt Spiele, Defensive die Meisterschaft, sagen die Amerikaner über den Sport, und die Tabelle gab Oldenburg und Trainer Helmut Mrosla nach 10 Spielen recht. Hier die Spitze:

1. VfB Oldenburg 19-1 Punkte (und damit logischerweise immer noch ungeschlagen)
2. SVA Delmenhorst 15-5
3. Göttingen 05 13-7
4. Union Salzgitter 13-7
5. VfL Wolfsburg 13-7

Nun bringt so ein Sturm an die Spitze, so kurios es klingt, nicht immer nur Vorteile. Der VfB hatte Platz 1 schon am ersten Spieltag in Hameln erreicht und seitdem permanent verteidigt. 10 Spiele ohne Niederlage in Serie geben Schub und Selbstvertrauen, flößen der Konkurrenz Respekt ein und fördern den Teamgeist wie von selbst. Sie führten damals aber auch dazu, dass sich mehr und mehr Gegner hinten rein stellten, vor allem in Donnerschwee. Und die Serie wurde, je länger sie dauerte, mehr und mehr zur Last für den VfB. Schon vor dem Derby in Wilhelmshaven hatte Helmut Mrosla geunkt, beim TSR könne sein Team wohl fällig sein.

Fällig war der VfB dann am 11. Spieltag beim FC St. Pauli. 2:3 am Millerntor, kein Beinbruch, kann passieren. Und, siehe das 2:0 in Meppen, es sollte über ein Jahrzehnt später noch ein viel wichtigeres und folgenreiches 2:3 in St. Pauli folgen…

Damals allerdings verstärkte die erste Saisonniederlage zunächst mal das aufgekommene Gerede darüber, dass Oldenburg im Winter auf den schwerer werdenden Böden wegen seiner robusten Spielweise einbrechen werde. Abwarten…

Das 1:1 der Hamburger durch einen Spieler namens Betner, der bei St. Pauli nicht gerade große Spuren hinterlassen haben dürfte, war das erste Gegentor für den VfB nach 817 (!!) Minuten. Zuvor hatte Peter Darsow gewohnt sicher per Elfer zum 0:1 getroffen. Die Hamburger, mit zahlreichen Ex-Profis und großen Hoffnungen auf den Titel gestartet, hatten nach ihrem schwachen Saisonstart den Trainer gewechselt, gegen den VfB gab Kuno Böge, auch so ein Urgestein der 70er und 80er, seinen Einstand. Ja, damals hießen Trainer noch Kuno mit Vornamen…

St. Pauli zog bei Böges Debüt schnell auf 3:1 davon, der VfB wachte eigentlich erst nach Rudi Trumpfhellers Anschluss zum 2:3 in der 83. Minute auf, aber eine wieder mal zögerliche Angriffsleistung verhinderte, dass die Serie ohne Niederlage hielt. Helmut Mrosla nahm es im Negativen dann noch positiv: „Jetzt ist die Belastung von uns genommen.“ Allerdings sollte im nächsten Spiel die starke Truppe des VfL Wolfsburg kommen, die dem VfB nun etwas stärker im Nacken saß als vor der Niederlage in Hamburg.

Gegen die Wölfe überzeugte Oldenburg am 12. Spieltag allerdings auch nicht gerade, obwohl Mrosla unter der Woche mehr Engagement im Training registriert haben wollte. Aber der VfB hatte ja seine Abwehr, die mal wieder astrein stand, und weil Reinhold Specht als bester VfB-Schütze der Saison einmal traf (29.), war am Ende vor 6500 Zuschauern ein – wenn auch glückliches und nicht unbedingt verdientes – 1:0 gegen Wolfsburg perfekt. Der VfB also nach einem Ausrutscher wieder auf Kurs?

Die Antwort auf diese Frage sollte noch etwas auf sich warten lassen, denn am 13. Spieltag Ende November sollte es den VfB tatsächlich erstmals so richtig erwischen.

In Deutschland gründeten sich an diesem Wochenende die Grünen als bundesweite Partei, in Teheran stürmte der Iran die US-Botschaft und nahm 100 Geiseln, was später Präsident Jimmy Carter gegen Ronald Reagan maßgeblich die Wiederwahl kostete. Und in Lübeck gingen die Blau-Weißen im VfB-Duell an der Lohmühle mit 1:4 unter.

1:4? Vier Gegentore? Und ob! Tatsächlich hatte der VfB Glück, dass es nicht noch schlimmer kam, denn die Lübecker leisteten sich den Luxus, zwei Elfmeter zu verschießen. Aber auch das 1:4 war ein Schock, der VfB (Lübeck) hatte vorher nichts gerissen, zuletzt nur 1:7 Punkte geholt, und der VfB (Oldenburg) kam doch als Spitzenreiter und beste Defensiv-Elf der Liga?!

Half aber alles nicht, Keeper Witt hatte einen ganz schwachen Tag und sah mehrmals schlecht aus. Als Trumpfheller einen Elfer verwandelte (65./Darsow war verletzt draußen), lag der VfB schon 0:3 hinten. Am Ende ging Oldenburg, um mal eine Sportjournalisten-Phrase zu benutzen, im Dauerregen baden. Schlimmer noch als die 1:4-Packung war erstens dies: Unruhe und Krisen-Gerede rund um Donnerschwee. Und zweitens das: Michael Kalkbrenner, ein überragend guter, laufstarker und leichtfüßiger Mittelfeldspieler in der damaligen Oberliga, verletzte sich und sollte dem VfB mehrere Wochen fehlen.

So gewann das ursprünglich eher unspektakuläre Match gegen Concordia Hamburg am 14. Spieltag plötzlich neue Bedeutung. Wie stark war der VfB?

Das Team hatte in St. Pauli zum ersten Mal verloren, danach gegen Wolfsburg nur mit viel Glück 1:0 gewonnen und war dann in Lübeck richtig vermöbelt worden. Es war Zeit für eine Antwort und ein Signal an die Verfolger, dass der Tabellenführer noch da war.
Es war Zeit für das 3:0 gegen Concordia.

Was man sich angesichts heutiger Verhältnisse mal klar machen muss: Trotz des November-Wetters und der Klatsche in Lübeck kamen 5000 Fans. 5000. Und sie wurden nicht enttäuscht. Osterkamp vor, Tetzlaff und Specht nach der Pause schossen den Sieg heraus in einer einseitigen Partie, die der VfB 90 Minuten lang vollkommen dominierte. Harald Witt machte an jenem Tag sein 200. Oberliga-Spiel, zum Jubiläum schenkten ihm seine Mitspieler dann halt ein paar Rückpässe, denn sonst hätte der Keeper überhaupt nichts zu tun gehabt. Hamburgs Trainer Kühl erkannte neidlos an: „In dieser Form muss der VfB kein Team in dieser Liga fürchten.“ Geht doch!

Ging es aber auch am 15. Spieltag in Itzehoe? Das klingt sicherlich merkwürdig, damals wie heute. Der ISV war nie eine große Nummer in der Oberliga, aber er war ein Angstgegner des VfB. In sechs gemeinsamen Oberliga-Jahren hatte Oldenburg bei den Schleswig-Holsteinern nicht einmal gewinnen können und auch nur zwei Remis geholt, aber viermal verloren. Ein Punkt lautete deshalb das Ziel von Helmut Mrosla, was nach außen hin sicherlich etwas bescheiden für einen Spitzenreiter wirkte. Es wurden dann doch zwei, denn Mroslas Team packte auch ohne Kalkbrenner mal wieder das Standard-Ergebnis aus: 1:0. Hinten dicht, vorne ein Kopfball von Peter Darsow. Erledigt.

Und das Tolle an dem Sieg: Die Bühne war bereitet für den 16. Spieltag. Nein, das klingt zu neutral. Die Bühne war bereitet für ein Schlagerspiel. Für das Hinrunden-Spiel überhaupt, vielleicht sogar für das Spiel der Saison.

Es stieg am 2. Dezember 1979 in Donnerschwee, und schon Tage vorher gab’s rund um den VfB, in der Stadt und ligaweit kein anderes Thema.

VfB Oldenburg gegen Atlas Delmenhorst.

Erster gegen Zweiter.

Derby aller Derbys (damals jedenfalls!)

Beste Heimelf (14:0 Punkte) gegen bestes Auswärtsteam (11:5).

Robust-kompaktes Team mit einer Hammer-Defensive namens Witt – Gläser – Wedemann, Darsow, Wörz gegen das vielleicht schnellste, konterstärkste Team der Liga rund um Stürmer und Spielmacher Radbruch und den unfassbar trickreichen Torjäger Dimitrios Daras.

Noch was?

Ach ja. Der Zuschauer-Kracher schlechthin in der Oberliga. Das neue Rekord-Spiel, die Partie mit den meisten Fans in der Geschichte der Oberliga Nord bis zu diesem Zeitpunkt. Oder doch nicht? Wie heiß waren die Oldenburger?
Um mal den Maßstab damals klar zu machen:

Den Zuschauerrekord der Oberliga Nord hielt bis zu jenem Tag das Team von Holstein Kiel, das 1977 vor der für damalige Verhältnisse riesigen Kulisse von 9323 Fans gegen Bremerhaven 93 angetreten war. Am Rande: Die Negativ-Marke der Oberliga stand damals bei 44 Zuschauern. Nein, es fehlt keine Null. Vierundvierzig. Aufgestellt ein paar Jahre zuvor im Spiel Braunschweig gegen Bremen. Amateurteam gegen Amateurteam, versteht sich.

Und der VfB und seine Fans? Da hatte der Verein Himmel und Hölle erlebt. 1975 hatte der VfB seinen Rekord mit knapp 7500 Fans gegen Arminia Hannover aufgestellt. Damals war Oldenburg Meister geworden, die Begeisterung war groß – bis zur Aufstiegsrunde. Der VfB galt als Bank für den Zweitliga-Aufstieg, aber ein 1:2 in Donnerschwee gegen den krassen Außenseiter Spandauer SV beendete das Kapitel. Heute gilt als sicher, dass Teile des Teams nicht aufsteigen wollten und das Spiel abgeschenkt hatten. Jahre später noch hallten „Spandau Spandau“-Rude durch Donnerschwee, wenn der VfB schwach spielte. Und nur so lässt sich auch erklären, dass Oldenburg in der Saison 77/78 einen Zuschauer-Einbruch verkraften musste, der es in sich hatte. Der VfB spielte ein relativ schwaches Jahr, die Erinnerung an die absichtlich vergurkte Aufstiegsrunde von 1975 war noch einigermaßen frisch. Und so kamen zu den 17 VfB-Heimspielen nicht einmal 15000 Fans nach Donnerschwee. Das sind nicht mal 1000 im Schnitt.

Nun, vier Jahre später, steuerte Oldenburg also wieder Zweitliga-Kurs, und diesmal würde der Nord-Meister ja direkt aufsteigen und nicht in eine Aufstiegsrunde müssen. Und der Vizemeister würde immerhin noch eine Relegationschance gegen den Meister der Oberliga Berlin bekommen. Und es sah angesichts von gewaltigen Kulissen von 5000, 6000 und 7000 im Laufe der Hinrunde schwer nach einer Rekordkulisse gegen Atlas Delmenhorst aus.

Alles war also bereitet für das Spitzenspiel. Die Frage war nur noch: Fällt die Marke von 10.000 Fans? Und gewinnt der VfB gegen den bärenstarken Nachbarn und macht einen großen Schritt Richtung Meisterschaft und Aufstieg?

Viel ist seitdem über dieses 0:0 berichtet worden.

Vor kurzem, im Dezember 2019, also 40 Jahre nach dem Schlagerspiel, erinnerten sich in der NWZ zwei VfBer. Stürmer Rudi Hagen sagte: „Atlas war so etwas wie ein Angstgegner für uns. Ein Team, das kämpferisch stark überzeugen konnte und im Kampf Mann gegen Mann kompromisslos war.“ Den größten Vorteil auf Seiten des VfB sah Hagen 40 Jahre später so: „Es herrschte ein guter Zusammenhalt im Team. Der kleine Kader war auch ein großer Vorteil. Und vor allem wussten wir, dass wir gut sind.“ Und Mittelfeldspieler Gerold Steindor ergänzte 40 Jahre später: „Für uns tat sich plötzlich eine ganz neue Welt des Fußballs auf.“

Dass es gegen Atlas ein 0:0 gab, tat der Begeisterung damals keinen Abbruch. Das Spiel war hochklassig, es gab große, glasklare Torchancen für beide, insgeamt sicher ein halbes Dutzend. Beide Trainer, Helmut Mrosla wie Bernd Oles, sahen nahezu Zweitliga-Niveau in der Partie. Einigkeit herrschte auch bei der Bewertung des Ergebnisses: Das 0:0 ging alles in allem in Ordnung, es hätte aber schon für die Fans eher ein 2:2 sein sollen. Ein 1:1 hätte es eigentlich sein müssen. Aber der gefürchtete Delmenhorster Angreifer Daras setzte einen Ball an den Innenpfosten, der von da zum Glück wieder ins Feld sprang. Der VfB hielt gegen mit einem Kopfball von Dieter Wedemann, den der Kapitän kurz vor Schluss an die Latte krachen ließ.

Weil’s ein besonderes Spiel war und zumindest in Donnerschwee das Highlight der Saison, hier die VfB-Aufstellung:

Witt – Gläser – Wedemann, Darsow, Wörz – Osterkamp, Trumpfheller, Steindor – Specht, Hagen, Tetzlaff (46. Fraas). Beim VfB fehlte leider immer noch der verletzte Michael Kalkbrenner.

Und eine kleine Info fehlt natürlich. Klar, die Zuschauerzahl, der Liga-Rekord. 9323 oder mehr? Ach, Leute! Oldenburg im Fußball-Rausch, dazu der einmalige VfB-Platz an der Donnerschweer Straße. Worüber reden wir?

16.000.

Das wäre eigentlich ein guter Schlusspunkt für diese Folge, aber nun machen wir die Hinrunde auch komplett.

Vor 1500 Fans spielte der VfB danach am 17. Spieltag noch 1:1 bei Eintracht Nordhorn. Dort, an der Grenze nach Holland, hatte Atlas übrigens kurz vorher 5:0 gewonnen, und doch fand Nordhorns Coach den VfB beim 1:1 stärker. Peter Darsow sicherte mit seinem Ausgleichstreffer kurz vor der Pause den erhofften Zähler.

Halbzeit. Winterpause. Und Herbstmeister!

1. VfB Oldenburg 31:10 Tore / 27:7 Punkte
2. Atlas Delmenhorst 32:12 / 24:10
3. Göttingen 05 36:18 / 24:10
4. Union Salzgitter 29:19 / 22:12
5. VfL Wolfsburg 31:21 / 21:13

Der VfB als Herbstmeister dank einer überragenden Abwehr, die in 17 Spielen ganze 10 (!) Gegentore zugelassen hatte. Aber auch nur drei Punkte vor Platz zwei, der Relegation gegen ein Berliner Team bedeutete. Und auch nur drei vor Platz drei, der bedeutet hätte, dass die Saison am Ende ein kolossaler Fehlschlag geworden wäre.

Am Fünfkampf um Meisterschaft und Aufstieg sollte sich bis zum Saisonende jedenfalls nichts mehr tun, kein anderes Team konnte sich noch in diese starke Spitzengruppe spielen. Und es passte zu dieser Saison, dass der VfB am vorletzten Spieltag nach Delmenhorst musste. Und dort sollte dann im Frühjahr 1980 tatsächlich alles auf dem Spiel stehen…

Myron
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Re: VfB - die Achtziger

Beitrag von Myron »

Ich bin ja auch ein bisschen doof manchmal, Ich hab natürich jetzt erst gesehen, dass das Forum hier geschlossen werden soll. Ich bin fassungslos. Abgesehen davon, dass ich mich frage, warum ich Depp das hier noch gemacht habe, aber darum geht's ja gar nicht.
Wie kommt der VfB auf das schmale Brett? Völlig falsches Signal.
Lasst mich irgendwie wissen, wenn es Alternativen gibt.
Ganz bitter und völlig verkehrt, grundsätzlich, aber auch angesichts der jüngsten Ereignisse im Fußball, Kommunikationskanäle zu schließen. Sage ich mal, ohne hier spezifische Hintergründe zu kennen. Aber ich als Vereinsentscheider würde so was nie machen, es sei denn, da läuft ein Forum völlig aus dem Ruder, und den Eindruck habe ich hier als Mit-Leser eigentlicht nicht.
Schade!!!

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Re: VfB - die Achtziger

Beitrag von VfB 1897er »

Genau wegen solcher Kostbarkeiten wie von Dir, Myron, darf das Forum nicht einfach so geschlossen werden, sondern muss UNBEDINGT an anderer Stelle weiterleben!

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Fussballgott
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Re: VfB - die Achtziger

Beitrag von Fussballgott »

Auch dieses Mal sage ich nochmal (und hoffentlich nicht zum letzten Mal) Danke für deine Berichte. Sowas macht ein gutes Forum aus. Hoffen wir, dass diese wirre Idee doch nicht durchgesetzt wird oder es schnell eine Alternative gibt, damit man deine Berichte und vieles anderes weiter lesen kanN!
Oldenburg war Blau-Weiss, Oldenburg ist Blau-Weiss, Oldenburg bleibt Blau-Weiss!

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Re: VfB - die Achtziger

Beitrag von Eistee-Fan »

Super Berichte.. Ich war mal so frei und habe diese noch in Word gerettet. :wink: :mrgreen:
Achtung!: Suche noch VfB Trikots für Sammlung;)
http://oldenburg-trikot.de.tl/2002_2003.htm

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