Vorschau BFC Dynamo
Moderatoren: James, Soccer_Scientist, Kane, Fanbetreuung, kalimera
Vorschau BFC Dynamo
Seit gestern ist sozusagen amtlich , der VfB ist der diesjährige Meister der RL Nord und hat sich damit für die Relegationsrunde gegen den Meister der RL Nordost qualifiziert. Die Wahrscheinlichkeit, dass in diese Relegation der BFC Dynamo und der VfB Oldenburg aufeinandertreffen würden, war schon vor einigen Wochen groß und ist schon vor den jeweils letzten Ligaspielen zur faktischen Gewissheit geworden, auf beiden Seiten.
Damit war für mich Zeit genug, mich mal intensiver mit dem Relegationsgegner zu beschäftigen. Eine Corona-bedingte Quarantäne im April hat dann auch noch geholfen, Zeit zu erübrigen. Nachfolgend nun Teil 1 der Vorschau, in dem auf den Verein BFC Dynamo eingegangen wird. Zu danken habe ich dem kürzlich bei uns aufgetauchten Forumsmitglied "weinrotweiss", dessen Ratschläge und Hinweise sehr hilfreich waren.
Hier nun der erste Teil (Fortsetzungen im Lauf der Woche):
Der BFC Dynamo - Verein, Geschichte, Umfeld
Der Berliner FC Dynamo (nachfolgend zumeist kurz „BFC“ genannt) ist ein Fußballverein aus dem Berliner Bezirk Lichtenberg, genauer gesagt dem dortigen Ortsteil Althohenschönhausen. Der Bezirk Lichtenberg ist, was die Einwohnerzahl anbelangt, mit rd. 300.000 Einwohnern beinahe doppelt so groß wie die Stadt Oldenburg. In Lichtenberg gibt es mit dem SV Lichtenberg 47 einen weiteren RL-Verein, der aber im unteren Drittel der Tabelle steht.
Der BFC Dynamo war einmal - zu anderen Zeiten und unter ganz anderen Bedingungen - der 10fache Rekordmeister und dreimalige Pokalsieger der DDR. An diese Zeiten erinnert noch der eine Meisterstern auf den Trikots, den der DFB dem BFC für die 10 DDR-Meistertitel zugestanden hat (für 10 Bundesliga-Titel gibt es 4 Sterne vom DFB).
Als DDR-Fußballmeister hat der BFC auch regelmäßig im Europapokal (damals noch nicht Champions League) gespielt. Auch wenn hier wirklich große Erfolge nicht erreicht werden konnten, erinnert man sich gerne an Europapokal-Spielen etwa gegen britische Vereine (FC Liverpool, Aston Villa, Nottingham Forest, FC Aberdeen) aber auch gegen andere bekannte europäische Größen (u. a. den AS Rom und Roter Stern Belgrad).
Zwei deutsch-deutsche Begegnungen gab es im Europapokal (Landesmeister) auch. Im Oktober 1982 traf man auf den späteren Europacup-Sieger HSV (Hinspiel in Berlin 1:1, Rückspiel 2:0 für den HSV). 6 Jahre später, 1988, bekam man Werder Bremen (damals noch mit „König Otto“) zugelost. Das Hinspiel in Berlin ging glatt mit 3:0 an den BFC; ein Weiterkommen war zum Greifen nahe. Das Rückspiel gilt je nach Blickwinkel als „Wunder von der Weser“ oder als Skandalspiel. Werder gewann in einer aufgeheizten und feindseligen Atmosphäre mit 5:0 (1:0). Der BFC brach in der zweiten Halbzeit völlig ein. Werder-Manager Lemke hatte zuvor noch tief in die Trickkiste gegriffen (Einkaufstour mit Werder-Rabatt für die Dynamo-Spieler am Spieltag), um die Konzentration auf das anstehende Spiel „bestmöglich“ zu stören.
In der DDR waren Sportvereine staatlichen Institutionen oder Industriebetrieben (Kombinaten) zugeordnet, über die sie auch finanziert wurden. Dynamo-Vereine und Sportgemeinschaften waren im Umfeld von Polizei, Zoll und Sicherheitsbehörden angesiedelt, so der BFC Dynamo oder auch Dynamo Dresden.
Im Zuge der Wende war es damit dann vorbei. Der BFC Dynamo verlor seine materielle Basis und erst recht seine politische Vorzugsstellung. 1990 versuchte man durch das Ablegen des Namens „Dynamo“ vom alten Image wegzukommen, allerdings ohne nennenswerten Erfolg. 1999 kam das „Dynamo“ wieder in den Vereinsnamen zurück; man wollte sich nicht mehr von der eigenen Tradition lossagen.
Dass der BFC Dynamo zu DDR-Zeiten als DDR-Hauptstadtverein vieler Hinsicht von mächtiger politischer Protektion profitiert hat, ist unstrittig. Sportlich war das gelegentlich durchaus problematisch Allerdings sprechen die belegbaren Fakten nicht gleichermaßen dafür, dass die politische Bevorzugung so eindeutig war, wie sie vielfach unterstellt wurde. So stand etwa im 22er Aufgebot der DDR für die WM 1974 mit Reinhard Lauck nur ein Spieler des BFC, aber gleich mehrere aus Magdeburg oder Jena. Kein Vergleich also mit der Bayern-Lastigkeit der bundesdeutschen Nationalmannschaft.
Dennoch erweckte der BFC Dynamo anderenorts zu DDR-Zeiten reichlich Missgunst und Ablehnung, und das nicht nur aufgrund der sportlichen Sonderstellung, sondern auch aus eher politisch-oppositionellen Gründen.
Direkt nach der Wende gab es dann bei Spielen der DDR-Oberliga und speziell bei Auswärtsspielen des BFC vielfach ausartende Krawalle, bei denen sich aufgestaute Aggressionen Bahn brachen. Im besonderem Maß richteten die sich gegen den „Stasi-Verein“ BFC Dynamo. Das schaukelte sich häufig auf, da der BFC seinerseits auch von gewaltgeneigten Hooligangruppen begleitet wurde. Die schon in Auflösung befindliche und orientierungslos gewordene DDR-Polizei war dem weder mental noch einsatztaktisch gewachsen.
Trauriger Höhepunkt dieser Ereignisse war der Tod des Dynamo-Fans Mike Polley, der im November 1990 in Leipzig am Rande eines Auswärtsspiels beim FC Sachsen Leipzig von einem Polizisten erschossen wurde. Mindestens 5 weitere Dynamo-Fans erlitten damals durch das Vorgehen der Polizei schwere Verletzungen. Aufgeklärt wurden die näheren Umstände des aus dem Ruder gelaufenen Polizeieinsatzes anschließend nicht, von Verfahren gegen die Verantwortlichen ganz zu schweigen.
Die seinerzeitigen Ereignisse haben auf jeden Fall im kollektiven Bewusstsein der Dynamo-Fanszene und des Vereins selbst ihre Spuren hinterlassen und eine „Nun-Erst-Recht-Stimmung“ befördert, die wohl auch dazu beigetragen hat, den BFC durch die in jeder Hinsicht schwierige Nach-Wende-Zeit zu tragen.
Rechtsradikal angehauchte und potenziell gewaltbereite Gruppen spielen in der Dynamo-Fanszene leider auch weiterhin eine gewisse Rolle, dominieren diese aber inzwischen längst nicht mehr so wie in den frühen 1990er Jahren. Den von der Polizei geführten ABC-Listen gewalttätiger oder gewaltgeneigte Fans sollte man bei einer Einschätzung der Fanszene jedenfalls nicht vorbehaltlos vertrauen. Zu einer Beruhigung des Umfelds hat natürlich auch die inzwischen erreichte organisatorische, wirtschaftliche und sportliche Konsolidierung des BFC wesentlich beigetragen. Der Verein selber bekennt sich offensiv zu Gewaltfreiheit und leistet eine weithin anerkannt gute Nachwuchs- und Integrationsarbeit im Bezirk Lichtenberg.
Wirtschaftlich durchlebte der BFC nach der Wende schwierige Zeiten, die im Jahr 2004 zu einer Insolvenz führten (bei der dann auch das alte Dynamo-Logo verloren ging); sportlich ging es runter bis in die Fünftklassigkeit (Oberliga Berlin). Erfolge gab es immerhin im Berliner Landespokal, der zwischen 1999 und 2021 gleich 7 x gewonnen wurde und Zusatzeinnahmen aus der Teilnahme am DFB-Pokal einbrachte. 2014 gelang dann der Aufstieg in die Regionalliga Nordost (ehemalige DDR plus ehemaliges West-Berlin). Hier ging es bisher maximal bis Platz 4 hoch, bevor in dieser Saison die Meisterschaft der RL Nordost recht souverän gewonnen wurde. Der Aufstieg in die Dritte Liga ist jetzt das erklärte Ziel des Vereins. Perspektivisch möchte man sogar durchaus noch höher hinaus. Wie das gehen kann, hat südlich von Lichtenberg, in Köpenick, der FC Union ja eindrucksvoll vorgeführt.
„Zuschauerkrösus“ in der RL Nordost ist der BFC beileibe nicht. In der gerade beendeten Meister-Saison liegt der Zuschauerschnitt bei Heimspielen bei knapp unter 1.700 Zuschauern und damit deutlich unter dem Schnitt der Ligakonkurrenten aus Cottbus (rd. 3.900), Leipzig (Chemie rd. 3.400, Lokomotive rd. 2.500), Jena (knapp 2.400), Chemnitz (knapp 2.300) und Babelsberg (fast 1.900).
Wirtschaftlich wird der BFC Dynamo von mittelständischen Privatunternehmen getragen. Zu nennen sind diesbezüglich die INFINITY GmbH, ein Telekommunikationsdienstleister, die DWB-Holding (Dennis Wisbar Bau), eine Firmengruppe der Bau- und Immobilienwirtschaft sowie die UNITEC GmbH (Fassadengestaltung und -sanierung). Die DWB ist zugleich auch Trikotsponsor. Ein „Big-Money-Klub“ ist der BFC damit nun wirklich nicht. Für die Dritte Liga soll ein Etat von immerhin „um die vier Millionen Euro gestemmt werden“ (Quelle: „Berliner Kurier“ vom 01. 03. 2022). Für einen Aufsteiger wäre das dann schon eine ordentliche „Hausnummer“.
Aktuell schlagen Auflagen des DFB zu, wonach eine bar zu hinterlegende Sicherheit von € 0,9 Mio. gefordert wird und zugleich eine Kürzung der Fernsehgelder um € 0,2 Mio. wegen fehlender Rasenheizung droht. Der DFB hat schon ein Herz für sportlich aufstrebende Vereine …
Die derzeitige Spielstätte des BFC liegt im Sportforum Hohenschönhausen, einem Komplex mit diversen Spiel- und Trainingsstätten für unterschiedliche Sportarten im Besitz des Landes Berlin. Das dortige Stadion ist allerdings nicht Drittliga-tauglich. Ein Ausbau mit der notwendigen Ertüchtigung für Drittliga-Fußball steht von politischer Seite aktuell wohl auch nicht zur Debatte.
Im Fall eines Aufstiegs würde man in den Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark (Bezirk Prenzlauer Berg) ausweichen, wo der BFC Dynamo schon zu DDR-Zeiten und auch noch danach für einige Jahre seine Heimspiele ausgetragen hat. Das Jahn-Stadion ähnelt vom Zuschnitt, sieht man einmal vom Flutlicht ab, durchaus dem Marschwegstadion. Lange würde man aber in diesem Stadion auch nicht bleiben können. Bereits 2023 oder 2024 soll dort mit dem Bau eines Inklusions-Sportzentrums (bzw. mit dem dafür geplanten Abriss des Jahn-Stadions) begonnen werden, ein - derzeit - auf um die € 200 Mio. veranschlagtes Projekt. Wo dann im östlichen Berlin Drittliga-Fußball stattfinden kann, muss die Zukunft erweisen.
Das so nicht erwartete große Interesse für die Vorschau auf unseren Relegationsgegner, über 1.000 Aufrufe innerhalb von 24 Stunden, hat mich veranlasst, mich mit dem zweiten Teil etwas zu beeilen. Hier ist er:
Teil 2:
Die Meistermannschaft des BFC Dynamo
Die im Text enthaltenen Informationen zu den erzielten Toren beinhalten Tore in Ligaspielen der RL Nordost (Angaben lt. Transfermarkt.de).
Auch wenn die zwei Spielzeiten 2019/20 und 2020/21 Corona-bedingt vorzeitig abgebrochen wurden (2020/21 konnte der BFC nur 11 Spiele bestreiten, 2019/20 waren es immerhin noch 23 Spiele), war man sich beim im Verein darüber im Klaren, dass eine wirkliche Verstärkung des Kaders in der Spitze und in der Breite notwendig war, um aus dem Liga-Mittelmaß herauszukommen.
Im Sommer 2021 wurden 13 neue Spieler (darunter allerdings 5 ehemalige U19-Spieler) verpflichtet, zu denen im Winter 2021/22 noch zwei weitere hinzukamen. Im Gegenzug trennte man sich im Sommer von 7 Spielern, im Winter dann noch von einem weiteren. Der Kader wurde mit diesen Transfers vergrößert und umfasst jetzt 3 Torhüter, je 9 Abwehr- und Mittelfeldspieler und 6 Angreifer, insgesamt also 27 Spieler.
Als besonders gelungen kann man sicherlich die Verpflichtung des Mittelstürmers Christian Beck ansehen, der zuvor in 8 Jahren beim FC Magdeburg zur Stürmerlegende geworden ist. Fast 400 Spiele, davon mehr als 200 in der 3. bzw. 2. Bundesliga und 159 Tore, ein Rekord, der so schnell nicht zu überbieten sein wird.
Nach zwei für den FCM enttäuschenden Drittliga-Spielzeiten wurde der immerhin schon 34jährige Beck dort verabschiedet. Beim BFC Dynamo erlebt er jetzt seinen 3., 4. oder wievielten? (schwer zu sagen) sportlichen Frühling. Mit 23 Toren ist er der Top-Torjäger nicht nur seiner Mannschaft, sondern der RL Nordost. Hinzu rd. kommen 8 Torvorlagen und etliche indirekte Torbeteiligungen durch seine bloße Anwesenheit im gegnerischen Strafraum, die Innenverteidiger bindet. Der 1,96 m große Linksfuß Beck ist, natürlich, ein ausgesprochener Kopfballspezialist (9 Kopfballtore) mit dem Instinkt, sich im Strafraum im entscheidenden Moment der Bewachung zu entziehen. Er ist nicht nur selbst brandgefährlich, auch seine Nebenleute profitieren enorm von ihm.
Als ein weiterer Glücksgriff hat sich die Verpflichtung von Torhüter Dmitri Stajila. Der 30jährige ehemalige U19- und U21- Torwart Moldawiens war vereinslos, musste sich selbst am Spielermarkt anbieten und hatte das Glück, dass Trainer Benbennek bei ihm „anbiss“. Das Glück ist inzwischen beiderseitig. Der 2,04m-Riese Stajila verdrängte auf Anhieb den bisherigen Stammtorhüter Kevin Sommer als Nr. 1 im Tor des BFC. Stajila war in seiner ersten Saison beim BFC der große Rückhalt für die Defensive und wird von einer Berliner Boulevardzeitung schon als „Aufstiegsversicherung“ gefeiert; durchaus voreilig, wenn es nach mir geht.
Zum festen Stamm gehören von den Neuzugängen auch die beiden Außenverteidiger Sebastian Hertner (Türkgücü München) für die linke Seite und Andreas Wiegel (vereinslos) für die rechte Seite, wobei die Nachverpflichtung Hertners im Winter wohl auch dem langwierigen Ausfall des verletzten Max-Peter Klump geschuldet ist.
Durchgesetzt hat sich von den Neuzugängen auch Darryl Geurts (Union Fürstenwalde), eine offensiver Spieler für die linke Außenbahn. Felix Meier, der auf der linken Seite defensiv eingesetzt wird, ist ein Neuzugang, der zumindest ziemlich regelmäßig als Einwechselspieler gebracht wird.
Auf den übrigen Positionen findet man durchweg Spieler, die schon etwas länger für den BFC spielen. Das gilt für die Innenverteidigung, das komplette Mittelfeld sowie für die Position einer zweiten Angriffsspitze neben (hinter) Christian Beck, die Andor Bolyki einnimmt.
In welcher Formation und Spielweise darf man die Dynamos in den Relegationsspielen erwarten? Trainer Benbennek lässt überwiegend in einer 4:3:3-Formation spielen, variiert aber gelegentlich auch zu einer 3:5:2-Grundordnung, bei der je nach mehr oder weniger offensiver Spielweise die Außenpositionen im Mittelfeld nach vorne oder nach hinten verschoben werden. Grundsätzlich wurde aber nahezu die gesamte RL-Saison mit einer klaren Offensivorientierung und hoch stehenden Abwehr- und Mittelfeldreihen bestritten.
Im Tor steht sicherlich Dmitri Stajila (12).
Als Innenverteidiger sind Chris Reher (13) und Michael Blum (21) zu erwarten. Rechtsfuß Reher bringt es auf eine Größe von 1,87m, Linksfuß Blum sogar auf eine von 1,89m. Zusammen mit ihrem 2,04m-Riesen von Torwart bilden sie eine starke Formation gegen hohe Bälle.
Für die Außenverteidigung dürften rechts Andreas Wiegel (77) und links Sebastian Hertner (33) erste Wahl sein.
Als 6er im Mittelfeld kommen mit Niclas Brandt (6) oder Philip Schulz (7) gleich zwei Spieler in Frage. Möglich sind die beiden auch gemeinsam als Doppel-6. Zumindest als Einwechselung für einen der beiden ist noch Marcel Stutter (5) eine Option, ein 1,88m-großer und beidfüßiger Spieler. Brandt (1,82m, Rechtsfuß) und Schulz (1,80m, beidfüßig) sind beide ein Stück kleiner.
Für das zentrale Mittelfeld sind Kapitän Andreas Pollasch (8) und der sehr torgefährliche (11 Tore) Alexander Siebeck (18) zu erwarten. Pollasch stand allerdings zuletzt mehrfach nicht in der Startformation. Mit 1,84m bzw. 1,83m in der Länge sind beide nicht gerade klein. Pollasch gilt als beidfüßig, Siebeck als Linksfuß.
Die rechte offensive Außenposition ist so etwas wie die „Schokoladenseite“ der Dynamo-Offensive. Über sie laufen zumeist mehr Angriffe als über die linke Seite oder direkt durch das zentrale Mittelfeld. Von der rechten Seite her kommt die Mehrzahl der Flanken für die zentral postierten Stürmer. Zwei Kandidaten mit hoher Qualität stehen hier zur Wahl. „Platzhalter“ ist wohl Joey Breitfeld (14), ein Spieler für die rechte Seite im Mittelfeld und mit 14 Torvorlagen der Top-Torvorbereiter der Mannschaft. Alternativ kommt Matthias Steinborn (23) in Frage, vom Typ her ein rechter Außenstürmer. Beide schlagen ihre Flanken bevorzugt von der Grundlinie hoch in den Strafraum. Steinborn zieht auch mal gerne nach Innen und sucht selbst den Abschluss. Gleichzeitig sieht man beide eher nicht auf dem Platz, häufig aber in einem Spiel abwechselnd nacheinander.
Die zentralen Positionen im Angriff sind ziemlich fest vergeben. Christian Beck (9) ist als „Turm der Schlacht“ im Strafraum eine feste Größe. Neben oder hinter ihm, zumeist etwas links versetzt spielt dann mit Andor Bolyki (27) ein interessanter und auch torgefährlicher (17 Tore zumeist mit dem rechten Fuß) zweiter zentraler Stürmer. Gemessen an den 1,96m des Linksfußes Beck ist Bolyki mit „nur“ 1,87m Körpergröße ein Stück kleiner aber durchaus noch groß genug für Kopfball-Abschlüsse im Strafraum. Er ist zudem ein technisch beschlagener und sehr beweglicher beidfüßiger Spieler und dadurch eine sehr gute Ergänzung zu Beck.
In der vorgestellten Formation stecken (Fettdruck) 11 Feldspieler, einer zu viel. Für ein offensives 4:3:3 müsste ein defensiver Mittelfeldspieler draußen bleiben, in einer mehr defensiven Variante träfe es einen zentralen/offensiven Mittelfeldspieler.
Eine Variante, auf die Trainer Benbennek gelegentlich durchaus auch zurückgreift, ist die Dreierkette in der Abwehr. Für diese würde dann ein Abwehrspieler zugunsten eines kompakt besetzten Mittelfelds herausfallen. Eine extrem offensive Startformation, bei der Darryl Geurts (11) zu Lasten eines Abwehr- oder Mittelfeldspielers als dritter Stürmer (Linksaußen) aufgeboten wird, halte ich nicht für wahrscheinlich.
Wen darf man auf der Bank erwarten?
Für das Tor Kevin Sommer (79);
für die Abwehr Felix Meier (4), Luca-Renè Heinrich (29), Bastian Schrewe (3) und, sofern er nach längerer Verletzungspause schon wieder so weit ist, Max-Peter Klump (19);
für das Mittelfeld ist jeder aus der Riege schon benannten Brandt (6), Schulz (7), Pollasch (8) und Siebeck (18), der nicht in der Startformation steht, ein sicherer Bankkandidat, dazu noch Marcel Stutter (5) und Theodor Bergmann (24).
Dass sich auf der rechten offensiven Außenbahn Matthias Steinborn (23) und Joey Breitfeld (14) häufig abwechseln, wurde bereits erwähnt. Einer von beiden (ich vermute Steinborn) dürfte demnach zunächst auf der Bank auf seinen Einsatz warten.
Im Angriff ist ansonsten Darryl Geurts (11) als Wechselalternative zu erwarten. Er ist ein torgefährlicher (8 Tore) linker Außenbahnspieler, der aber auch auf der rechten Seite spielen kann.
In den Ligaspielen hat Trainer Benbennek das Wechselkontingent von 5 Spielern durchaus nicht selten voll ausgeschöpft, ohne dass er dazu durch Verletzungen oder Platzverweis-Risiken gezwungen war. Breitfeld/Steinborn ist dabei ein beliebter Wechsel, häufig zwischen der 65. Und 75. Minute, um nochmals „frischen Wind“ reinzubringen. Aus taktischen Gründen wird aber auch schon mal zur zweiten Halbzeit gewechselt. Wenn es in der ersten nicht richtig geklappt hat, scheut der Trainer auch keinen frühen Doppelwechsel.
Der BFC Dynamo ist in der RL Nordost ganz überwiegend deutlich offensiv aufgetreten. Das Mittelfeld und die Abwehr stehen dann gewöhnlich recht hoch, um den gegnerischen Aufbau nicht zur Entfaltung kommen zu lassen und um Umschaltmomente zu erzwingen.
Am Ende einer sehr stark und konstant durchgespielten Saison mit nur einer kleinen und wohl Corona-bedingten schwächeren Serie (11. Bis 14. Spieltag: 3 Unentschieden, eine Niederlage) hat es dann zum Saisonende hin doch etwas geholpert. In den letzten 6 Punktspielen gab es nur zwei Siege (1:0 gegen TeBe Berlin und 4:2 im letzten Spiel im Jahn-Sportpark gegen die VSG Altglienicke), ansonsten zwei Unentschieden (2:2 in Auerbach und in 1:1 Fürstenwalde) und sogar zwei Heimniederlagen (jeweils 1:2 gegen Jena und gegen den Berliner AK).
Wirklich in Frage gestellt wurde die Meisterschaft in der RL Nordost damit aber nicht mehr. Lokomotive Leipzig, der einzige verbliebene ernsthafte Verfolger büßte zum Schluss hin weitaus mehr Punkte ein als der BFC und der FC Carl Zeiss Jena nahm die Verfolgung deutlich zu spät auf und konnte seinen längst schon viel zu großen gewordenen Rückstand dann auch absehbar nicht mehr aufholen.
Rein rechnerisch blieb es zwar noch bis zum letzten Spieltag offen, tatsächlich war die Meisterschaft aber schon mindestens 3 Spieltage vorher entschieden. Allerdings hat der BFC in den letzten Spielen einer insgesamt sehr starken Saison einige Schwächen gezeigt. Gegen Altglienicke etwa hätte es ohne eine wirklich bärenstarke Leistung von Torwart Stajila durchaus statt nur 2 auch 3, 4 oder 5 Gegentore geben können. Speziell in der eigentlich starken Innenverteidigung gab es etliche Abstimmungsprobleme und daraus resultierende Lücken. Und auch das Mittelfeld hatte defensiv nicht den ansonsten zumeist guten Zugriff.
Um diese gegenüber dem vorherigen Saisonverlauf abfallende Schlussphase einzuordnen:
Am plausibelsten erscheint es mir, hier einen Abfall der Spannung anzunehmen, nachdem der Meistertitel allenfalls rechnerisch noch nicht eingetütet war, faktisch (zu 99,99%) aber durchaus schon. Gegen so einen Spannungsabfall helfen eigene gute Vorsätze und Ansprachen des Trainers nur bedingt. Was wirklich hilft, ist der Aufbau neuer Spannung im Hinblick auf ein neues und noch höheres sportliches Ziel. Und was das anbelangt, dafür ist gesorgt.
Im dritten Teil (morgen) wird darauf eingegangen, wer Favorit für den Gewinn der Relegation ist, bzw. ob es (vor dem ersten Spiel) überhaut schon einen Favoriten gibt. Zudem (ich bin einfach mal so vermessen) ein paar Hinweise dazu, wie der BFC bespielt werden könnte/sollte.
Teil 3:
Zum Spiel oder zu den beiden Spielen
Die Frage: „Wer setzt sich in der Relegation durch?“, kann hier natürlich nicht beantwortet werden. Auch die Frage danach, wer wohl als Favorit anzusehen ist, kann ich nicht beantworten. Nicht unbedingt alles, aber doch vieles scheint möglich. Wie es am Ende ausgeht, wird nicht zuletzt von der jeweiligen Tagesform und von Zufallsfaktoren abhängen, die man gerne auch als „Spielglück“ oder eben als „Pech gehabt“ ansehen mag. Und, ganz wichtig, vom jeweiligen Nervenkostüm der Akteure. „Verkackte Relegation …“, so (oder so ähnlich) hat es Dynamos Christian Beck nach dem Sieg im letzten Spiel in einem Interview gesagt. Und Recht hat er! Die Relegation, in der zwei RL-Meister um einen Aufstiegsplatz spielen und kämpfen müssen, ist ja noch etwas ganz anderes als etwa die Relegation zwischen dem Dritten einer unteren und dem Drittletzten einer höheren Liga. Und natürlich werden die Spieler mit ihren Nerven zu kämpfen haben.
Ich habe die mir die Dynamos seit Wiederaufnahme des Spielbetriebs nach der Winterpause regelmäßig im Fernsehen, im Streaming oder zumindest in Videoaufzeichnungen angesehen. Da war dann von wirklich großartigen Auftritten (wie etwa in Chemnitz beim 3:1) über „so lala“ (vor allem in der Endphase der Saison) bis hin zu auch schwachen und zerfahrenen Auftritten (wie etwa beim Ortsrivalen Lichtenberg oder gegen den Berliner AK) so ziemlich alles dabei. Der VfB war in der Endphase der Saison leistungsmäßig eindeutig stabiler; das belegen allein schon die Ergebnisse.
Was das alles in direkten Aufeinandertreffen bedeutet? Wenig bis gar nichts. Entscheidend ist ausschließlich „auf’ m Platz“. Und da haben sich der BFC Dynamo und der VfB – soweit ich weiß – bisher noch nie gegenübergestanden. So what? – Wait and see oder, wie der Teamchef Franz B. zu sagen pflegte: „Schaun mer mal.“
Eine Favoritenrolle wird der VfB sicher nicht beanspruchen oder sich aufschwatzen lassen; der BFC Dynamo und sein Trainer Benbennek (noch von seinen Trainer-Engagements beim TSV Havelse bekannt) wohl auch eher nicht.
Was kann man (wenn man denn als interessierter Laie so vermessen sein mag) Dario Fossi und seiner Mannschaft für die Relegationsspiele raten? Hier ein paar Ideen:
Thema Christian Beck:
Man sollte versuchen, ihm möglichst wenig hohe Flankenbälle von der Grundlinie her zukommen zu lassen. Dafür muss vor allem die linke Seite des VfB Joey Breitfeld (oder Matthias Steinborn) ausbremsen, dass da nicht mit Tempo bis zur Grundlinie durchgerauscht wird. Kann man die gefährlichen Flankenbälle von der Grundlinie unterbinden, ist schon einiges gewonnen. Hohe Diagonal-Bälle aus dem Halbfeld auf den Dynamo-Torjäger sind weitaus weniger gefährlich und erlauben der Abwehr mehr Reaktionszeit.
Thema Andor Bolyki:
Auch bei der notwendigen Konzentration auf Beck darf man den ehemaligen ungarischen Junioren-Nationalspieler nicht aus Dem Blickfeld lassen. Der schlägt gerne und durchaus auch oft zu, sozusagen aus dem Schatten von Beck, nicht selten auch mit Köpfchen aber überwiegend mit der rechten Klebe.
Gefahr aus dem Mittelfeld:
Der BFC Dynamo steht häufig sehr hoch und setzt den Gegner massiv unter Druck, um ihn erst gar nicht zur Entfaltung kommen zu lassen. „Einladungen“ aus Risikopässen und Querspielerei können da schnell ganz böse enden. Besondere Aufmerksamkeit sollte Andreas Siebeck erfahren, der sich gerne mal vorne einmischt und (vor allem mit Rechts) ausgesprochen torgefährlich ist. Zu unseren Ex-Spieler Andreas Pollasch, seiner Zweikampfstärke und Spielübersicht, muss man hier wohl nicht mehr viel sagen.
Körperlich gegenhalten:
Eigentlich banal, darauf hinzuweisen, dass spielerische Mittel allein nicht reichen, um gegen den BFC bestehen zu können (gilt andersherum vermutlich gleichermaßen). Wenn dieser Punkt hier dennoch angesprochen wird, dann weil die BFC-Spieler durchweg körperlich robust zur Sache gehen und den Zweikampf nicht scheuen.
Den Ball flach halten:
Gegen die überwiegend groß gewachsenen Spieler in der Innenverteidigung und im Zentralmittelfeld würde ich hohe Bälle eher nicht empfehlen. Man sollte es vorzugsweise mit Tempo, über Außen und dazu eher flach und vor allem direkt versuchen, was etwa Ayo oder Brand liegen müsste, die antrittsschnell, beweglich und technisch „nicht ohne“ sind.
Und zum Schluss:
Support, Support, Support! Auch wenn es eng wird, selbst und erst recht bei einem eventuellen Rückstand. Die VfB-Mannschaft braucht – und verdient – jede nur mögliche Unterstützung von den Rängen, auswärts und zu Hause!
Damit war für mich Zeit genug, mich mal intensiver mit dem Relegationsgegner zu beschäftigen. Eine Corona-bedingte Quarantäne im April hat dann auch noch geholfen, Zeit zu erübrigen. Nachfolgend nun Teil 1 der Vorschau, in dem auf den Verein BFC Dynamo eingegangen wird. Zu danken habe ich dem kürzlich bei uns aufgetauchten Forumsmitglied "weinrotweiss", dessen Ratschläge und Hinweise sehr hilfreich waren.
Hier nun der erste Teil (Fortsetzungen im Lauf der Woche):
Der BFC Dynamo - Verein, Geschichte, Umfeld
Der Berliner FC Dynamo (nachfolgend zumeist kurz „BFC“ genannt) ist ein Fußballverein aus dem Berliner Bezirk Lichtenberg, genauer gesagt dem dortigen Ortsteil Althohenschönhausen. Der Bezirk Lichtenberg ist, was die Einwohnerzahl anbelangt, mit rd. 300.000 Einwohnern beinahe doppelt so groß wie die Stadt Oldenburg. In Lichtenberg gibt es mit dem SV Lichtenberg 47 einen weiteren RL-Verein, der aber im unteren Drittel der Tabelle steht.
Der BFC Dynamo war einmal - zu anderen Zeiten und unter ganz anderen Bedingungen - der 10fache Rekordmeister und dreimalige Pokalsieger der DDR. An diese Zeiten erinnert noch der eine Meisterstern auf den Trikots, den der DFB dem BFC für die 10 DDR-Meistertitel zugestanden hat (für 10 Bundesliga-Titel gibt es 4 Sterne vom DFB).
Als DDR-Fußballmeister hat der BFC auch regelmäßig im Europapokal (damals noch nicht Champions League) gespielt. Auch wenn hier wirklich große Erfolge nicht erreicht werden konnten, erinnert man sich gerne an Europapokal-Spielen etwa gegen britische Vereine (FC Liverpool, Aston Villa, Nottingham Forest, FC Aberdeen) aber auch gegen andere bekannte europäische Größen (u. a. den AS Rom und Roter Stern Belgrad).
Zwei deutsch-deutsche Begegnungen gab es im Europapokal (Landesmeister) auch. Im Oktober 1982 traf man auf den späteren Europacup-Sieger HSV (Hinspiel in Berlin 1:1, Rückspiel 2:0 für den HSV). 6 Jahre später, 1988, bekam man Werder Bremen (damals noch mit „König Otto“) zugelost. Das Hinspiel in Berlin ging glatt mit 3:0 an den BFC; ein Weiterkommen war zum Greifen nahe. Das Rückspiel gilt je nach Blickwinkel als „Wunder von der Weser“ oder als Skandalspiel. Werder gewann in einer aufgeheizten und feindseligen Atmosphäre mit 5:0 (1:0). Der BFC brach in der zweiten Halbzeit völlig ein. Werder-Manager Lemke hatte zuvor noch tief in die Trickkiste gegriffen (Einkaufstour mit Werder-Rabatt für die Dynamo-Spieler am Spieltag), um die Konzentration auf das anstehende Spiel „bestmöglich“ zu stören.
In der DDR waren Sportvereine staatlichen Institutionen oder Industriebetrieben (Kombinaten) zugeordnet, über die sie auch finanziert wurden. Dynamo-Vereine und Sportgemeinschaften waren im Umfeld von Polizei, Zoll und Sicherheitsbehörden angesiedelt, so der BFC Dynamo oder auch Dynamo Dresden.
Im Zuge der Wende war es damit dann vorbei. Der BFC Dynamo verlor seine materielle Basis und erst recht seine politische Vorzugsstellung. 1990 versuchte man durch das Ablegen des Namens „Dynamo“ vom alten Image wegzukommen, allerdings ohne nennenswerten Erfolg. 1999 kam das „Dynamo“ wieder in den Vereinsnamen zurück; man wollte sich nicht mehr von der eigenen Tradition lossagen.
Dass der BFC Dynamo zu DDR-Zeiten als DDR-Hauptstadtverein vieler Hinsicht von mächtiger politischer Protektion profitiert hat, ist unstrittig. Sportlich war das gelegentlich durchaus problematisch Allerdings sprechen die belegbaren Fakten nicht gleichermaßen dafür, dass die politische Bevorzugung so eindeutig war, wie sie vielfach unterstellt wurde. So stand etwa im 22er Aufgebot der DDR für die WM 1974 mit Reinhard Lauck nur ein Spieler des BFC, aber gleich mehrere aus Magdeburg oder Jena. Kein Vergleich also mit der Bayern-Lastigkeit der bundesdeutschen Nationalmannschaft.
Dennoch erweckte der BFC Dynamo anderenorts zu DDR-Zeiten reichlich Missgunst und Ablehnung, und das nicht nur aufgrund der sportlichen Sonderstellung, sondern auch aus eher politisch-oppositionellen Gründen.
Direkt nach der Wende gab es dann bei Spielen der DDR-Oberliga und speziell bei Auswärtsspielen des BFC vielfach ausartende Krawalle, bei denen sich aufgestaute Aggressionen Bahn brachen. Im besonderem Maß richteten die sich gegen den „Stasi-Verein“ BFC Dynamo. Das schaukelte sich häufig auf, da der BFC seinerseits auch von gewaltgeneigten Hooligangruppen begleitet wurde. Die schon in Auflösung befindliche und orientierungslos gewordene DDR-Polizei war dem weder mental noch einsatztaktisch gewachsen.
Trauriger Höhepunkt dieser Ereignisse war der Tod des Dynamo-Fans Mike Polley, der im November 1990 in Leipzig am Rande eines Auswärtsspiels beim FC Sachsen Leipzig von einem Polizisten erschossen wurde. Mindestens 5 weitere Dynamo-Fans erlitten damals durch das Vorgehen der Polizei schwere Verletzungen. Aufgeklärt wurden die näheren Umstände des aus dem Ruder gelaufenen Polizeieinsatzes anschließend nicht, von Verfahren gegen die Verantwortlichen ganz zu schweigen.
Die seinerzeitigen Ereignisse haben auf jeden Fall im kollektiven Bewusstsein der Dynamo-Fanszene und des Vereins selbst ihre Spuren hinterlassen und eine „Nun-Erst-Recht-Stimmung“ befördert, die wohl auch dazu beigetragen hat, den BFC durch die in jeder Hinsicht schwierige Nach-Wende-Zeit zu tragen.
Rechtsradikal angehauchte und potenziell gewaltbereite Gruppen spielen in der Dynamo-Fanszene leider auch weiterhin eine gewisse Rolle, dominieren diese aber inzwischen längst nicht mehr so wie in den frühen 1990er Jahren. Den von der Polizei geführten ABC-Listen gewalttätiger oder gewaltgeneigte Fans sollte man bei einer Einschätzung der Fanszene jedenfalls nicht vorbehaltlos vertrauen. Zu einer Beruhigung des Umfelds hat natürlich auch die inzwischen erreichte organisatorische, wirtschaftliche und sportliche Konsolidierung des BFC wesentlich beigetragen. Der Verein selber bekennt sich offensiv zu Gewaltfreiheit und leistet eine weithin anerkannt gute Nachwuchs- und Integrationsarbeit im Bezirk Lichtenberg.
Wirtschaftlich durchlebte der BFC nach der Wende schwierige Zeiten, die im Jahr 2004 zu einer Insolvenz führten (bei der dann auch das alte Dynamo-Logo verloren ging); sportlich ging es runter bis in die Fünftklassigkeit (Oberliga Berlin). Erfolge gab es immerhin im Berliner Landespokal, der zwischen 1999 und 2021 gleich 7 x gewonnen wurde und Zusatzeinnahmen aus der Teilnahme am DFB-Pokal einbrachte. 2014 gelang dann der Aufstieg in die Regionalliga Nordost (ehemalige DDR plus ehemaliges West-Berlin). Hier ging es bisher maximal bis Platz 4 hoch, bevor in dieser Saison die Meisterschaft der RL Nordost recht souverän gewonnen wurde. Der Aufstieg in die Dritte Liga ist jetzt das erklärte Ziel des Vereins. Perspektivisch möchte man sogar durchaus noch höher hinaus. Wie das gehen kann, hat südlich von Lichtenberg, in Köpenick, der FC Union ja eindrucksvoll vorgeführt.
„Zuschauerkrösus“ in der RL Nordost ist der BFC beileibe nicht. In der gerade beendeten Meister-Saison liegt der Zuschauerschnitt bei Heimspielen bei knapp unter 1.700 Zuschauern und damit deutlich unter dem Schnitt der Ligakonkurrenten aus Cottbus (rd. 3.900), Leipzig (Chemie rd. 3.400, Lokomotive rd. 2.500), Jena (knapp 2.400), Chemnitz (knapp 2.300) und Babelsberg (fast 1.900).
Wirtschaftlich wird der BFC Dynamo von mittelständischen Privatunternehmen getragen. Zu nennen sind diesbezüglich die INFINITY GmbH, ein Telekommunikationsdienstleister, die DWB-Holding (Dennis Wisbar Bau), eine Firmengruppe der Bau- und Immobilienwirtschaft sowie die UNITEC GmbH (Fassadengestaltung und -sanierung). Die DWB ist zugleich auch Trikotsponsor. Ein „Big-Money-Klub“ ist der BFC damit nun wirklich nicht. Für die Dritte Liga soll ein Etat von immerhin „um die vier Millionen Euro gestemmt werden“ (Quelle: „Berliner Kurier“ vom 01. 03. 2022). Für einen Aufsteiger wäre das dann schon eine ordentliche „Hausnummer“.
Aktuell schlagen Auflagen des DFB zu, wonach eine bar zu hinterlegende Sicherheit von € 0,9 Mio. gefordert wird und zugleich eine Kürzung der Fernsehgelder um € 0,2 Mio. wegen fehlender Rasenheizung droht. Der DFB hat schon ein Herz für sportlich aufstrebende Vereine …
Die derzeitige Spielstätte des BFC liegt im Sportforum Hohenschönhausen, einem Komplex mit diversen Spiel- und Trainingsstätten für unterschiedliche Sportarten im Besitz des Landes Berlin. Das dortige Stadion ist allerdings nicht Drittliga-tauglich. Ein Ausbau mit der notwendigen Ertüchtigung für Drittliga-Fußball steht von politischer Seite aktuell wohl auch nicht zur Debatte.
Im Fall eines Aufstiegs würde man in den Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark (Bezirk Prenzlauer Berg) ausweichen, wo der BFC Dynamo schon zu DDR-Zeiten und auch noch danach für einige Jahre seine Heimspiele ausgetragen hat. Das Jahn-Stadion ähnelt vom Zuschnitt, sieht man einmal vom Flutlicht ab, durchaus dem Marschwegstadion. Lange würde man aber in diesem Stadion auch nicht bleiben können. Bereits 2023 oder 2024 soll dort mit dem Bau eines Inklusions-Sportzentrums (bzw. mit dem dafür geplanten Abriss des Jahn-Stadions) begonnen werden, ein - derzeit - auf um die € 200 Mio. veranschlagtes Projekt. Wo dann im östlichen Berlin Drittliga-Fußball stattfinden kann, muss die Zukunft erweisen.
Das so nicht erwartete große Interesse für die Vorschau auf unseren Relegationsgegner, über 1.000 Aufrufe innerhalb von 24 Stunden, hat mich veranlasst, mich mit dem zweiten Teil etwas zu beeilen. Hier ist er:
Teil 2:
Die Meistermannschaft des BFC Dynamo
Die im Text enthaltenen Informationen zu den erzielten Toren beinhalten Tore in Ligaspielen der RL Nordost (Angaben lt. Transfermarkt.de).
Auch wenn die zwei Spielzeiten 2019/20 und 2020/21 Corona-bedingt vorzeitig abgebrochen wurden (2020/21 konnte der BFC nur 11 Spiele bestreiten, 2019/20 waren es immerhin noch 23 Spiele), war man sich beim im Verein darüber im Klaren, dass eine wirkliche Verstärkung des Kaders in der Spitze und in der Breite notwendig war, um aus dem Liga-Mittelmaß herauszukommen.
Im Sommer 2021 wurden 13 neue Spieler (darunter allerdings 5 ehemalige U19-Spieler) verpflichtet, zu denen im Winter 2021/22 noch zwei weitere hinzukamen. Im Gegenzug trennte man sich im Sommer von 7 Spielern, im Winter dann noch von einem weiteren. Der Kader wurde mit diesen Transfers vergrößert und umfasst jetzt 3 Torhüter, je 9 Abwehr- und Mittelfeldspieler und 6 Angreifer, insgesamt also 27 Spieler.
Als besonders gelungen kann man sicherlich die Verpflichtung des Mittelstürmers Christian Beck ansehen, der zuvor in 8 Jahren beim FC Magdeburg zur Stürmerlegende geworden ist. Fast 400 Spiele, davon mehr als 200 in der 3. bzw. 2. Bundesliga und 159 Tore, ein Rekord, der so schnell nicht zu überbieten sein wird.
Nach zwei für den FCM enttäuschenden Drittliga-Spielzeiten wurde der immerhin schon 34jährige Beck dort verabschiedet. Beim BFC Dynamo erlebt er jetzt seinen 3., 4. oder wievielten? (schwer zu sagen) sportlichen Frühling. Mit 23 Toren ist er der Top-Torjäger nicht nur seiner Mannschaft, sondern der RL Nordost. Hinzu rd. kommen 8 Torvorlagen und etliche indirekte Torbeteiligungen durch seine bloße Anwesenheit im gegnerischen Strafraum, die Innenverteidiger bindet. Der 1,96 m große Linksfuß Beck ist, natürlich, ein ausgesprochener Kopfballspezialist (9 Kopfballtore) mit dem Instinkt, sich im Strafraum im entscheidenden Moment der Bewachung zu entziehen. Er ist nicht nur selbst brandgefährlich, auch seine Nebenleute profitieren enorm von ihm.
Als ein weiterer Glücksgriff hat sich die Verpflichtung von Torhüter Dmitri Stajila. Der 30jährige ehemalige U19- und U21- Torwart Moldawiens war vereinslos, musste sich selbst am Spielermarkt anbieten und hatte das Glück, dass Trainer Benbennek bei ihm „anbiss“. Das Glück ist inzwischen beiderseitig. Der 2,04m-Riese Stajila verdrängte auf Anhieb den bisherigen Stammtorhüter Kevin Sommer als Nr. 1 im Tor des BFC. Stajila war in seiner ersten Saison beim BFC der große Rückhalt für die Defensive und wird von einer Berliner Boulevardzeitung schon als „Aufstiegsversicherung“ gefeiert; durchaus voreilig, wenn es nach mir geht.
Zum festen Stamm gehören von den Neuzugängen auch die beiden Außenverteidiger Sebastian Hertner (Türkgücü München) für die linke Seite und Andreas Wiegel (vereinslos) für die rechte Seite, wobei die Nachverpflichtung Hertners im Winter wohl auch dem langwierigen Ausfall des verletzten Max-Peter Klump geschuldet ist.
Durchgesetzt hat sich von den Neuzugängen auch Darryl Geurts (Union Fürstenwalde), eine offensiver Spieler für die linke Außenbahn. Felix Meier, der auf der linken Seite defensiv eingesetzt wird, ist ein Neuzugang, der zumindest ziemlich regelmäßig als Einwechselspieler gebracht wird.
Auf den übrigen Positionen findet man durchweg Spieler, die schon etwas länger für den BFC spielen. Das gilt für die Innenverteidigung, das komplette Mittelfeld sowie für die Position einer zweiten Angriffsspitze neben (hinter) Christian Beck, die Andor Bolyki einnimmt.
In welcher Formation und Spielweise darf man die Dynamos in den Relegationsspielen erwarten? Trainer Benbennek lässt überwiegend in einer 4:3:3-Formation spielen, variiert aber gelegentlich auch zu einer 3:5:2-Grundordnung, bei der je nach mehr oder weniger offensiver Spielweise die Außenpositionen im Mittelfeld nach vorne oder nach hinten verschoben werden. Grundsätzlich wurde aber nahezu die gesamte RL-Saison mit einer klaren Offensivorientierung und hoch stehenden Abwehr- und Mittelfeldreihen bestritten.
Im Tor steht sicherlich Dmitri Stajila (12).
Als Innenverteidiger sind Chris Reher (13) und Michael Blum (21) zu erwarten. Rechtsfuß Reher bringt es auf eine Größe von 1,87m, Linksfuß Blum sogar auf eine von 1,89m. Zusammen mit ihrem 2,04m-Riesen von Torwart bilden sie eine starke Formation gegen hohe Bälle.
Für die Außenverteidigung dürften rechts Andreas Wiegel (77) und links Sebastian Hertner (33) erste Wahl sein.
Als 6er im Mittelfeld kommen mit Niclas Brandt (6) oder Philip Schulz (7) gleich zwei Spieler in Frage. Möglich sind die beiden auch gemeinsam als Doppel-6. Zumindest als Einwechselung für einen der beiden ist noch Marcel Stutter (5) eine Option, ein 1,88m-großer und beidfüßiger Spieler. Brandt (1,82m, Rechtsfuß) und Schulz (1,80m, beidfüßig) sind beide ein Stück kleiner.
Für das zentrale Mittelfeld sind Kapitän Andreas Pollasch (8) und der sehr torgefährliche (11 Tore) Alexander Siebeck (18) zu erwarten. Pollasch stand allerdings zuletzt mehrfach nicht in der Startformation. Mit 1,84m bzw. 1,83m in der Länge sind beide nicht gerade klein. Pollasch gilt als beidfüßig, Siebeck als Linksfuß.
Die rechte offensive Außenposition ist so etwas wie die „Schokoladenseite“ der Dynamo-Offensive. Über sie laufen zumeist mehr Angriffe als über die linke Seite oder direkt durch das zentrale Mittelfeld. Von der rechten Seite her kommt die Mehrzahl der Flanken für die zentral postierten Stürmer. Zwei Kandidaten mit hoher Qualität stehen hier zur Wahl. „Platzhalter“ ist wohl Joey Breitfeld (14), ein Spieler für die rechte Seite im Mittelfeld und mit 14 Torvorlagen der Top-Torvorbereiter der Mannschaft. Alternativ kommt Matthias Steinborn (23) in Frage, vom Typ her ein rechter Außenstürmer. Beide schlagen ihre Flanken bevorzugt von der Grundlinie hoch in den Strafraum. Steinborn zieht auch mal gerne nach Innen und sucht selbst den Abschluss. Gleichzeitig sieht man beide eher nicht auf dem Platz, häufig aber in einem Spiel abwechselnd nacheinander.
Die zentralen Positionen im Angriff sind ziemlich fest vergeben. Christian Beck (9) ist als „Turm der Schlacht“ im Strafraum eine feste Größe. Neben oder hinter ihm, zumeist etwas links versetzt spielt dann mit Andor Bolyki (27) ein interessanter und auch torgefährlicher (17 Tore zumeist mit dem rechten Fuß) zweiter zentraler Stürmer. Gemessen an den 1,96m des Linksfußes Beck ist Bolyki mit „nur“ 1,87m Körpergröße ein Stück kleiner aber durchaus noch groß genug für Kopfball-Abschlüsse im Strafraum. Er ist zudem ein technisch beschlagener und sehr beweglicher beidfüßiger Spieler und dadurch eine sehr gute Ergänzung zu Beck.
In der vorgestellten Formation stecken (Fettdruck) 11 Feldspieler, einer zu viel. Für ein offensives 4:3:3 müsste ein defensiver Mittelfeldspieler draußen bleiben, in einer mehr defensiven Variante träfe es einen zentralen/offensiven Mittelfeldspieler.
Eine Variante, auf die Trainer Benbennek gelegentlich durchaus auch zurückgreift, ist die Dreierkette in der Abwehr. Für diese würde dann ein Abwehrspieler zugunsten eines kompakt besetzten Mittelfelds herausfallen. Eine extrem offensive Startformation, bei der Darryl Geurts (11) zu Lasten eines Abwehr- oder Mittelfeldspielers als dritter Stürmer (Linksaußen) aufgeboten wird, halte ich nicht für wahrscheinlich.
Wen darf man auf der Bank erwarten?
Für das Tor Kevin Sommer (79);
für die Abwehr Felix Meier (4), Luca-Renè Heinrich (29), Bastian Schrewe (3) und, sofern er nach längerer Verletzungspause schon wieder so weit ist, Max-Peter Klump (19);
für das Mittelfeld ist jeder aus der Riege schon benannten Brandt (6), Schulz (7), Pollasch (8) und Siebeck (18), der nicht in der Startformation steht, ein sicherer Bankkandidat, dazu noch Marcel Stutter (5) und Theodor Bergmann (24).
Dass sich auf der rechten offensiven Außenbahn Matthias Steinborn (23) und Joey Breitfeld (14) häufig abwechseln, wurde bereits erwähnt. Einer von beiden (ich vermute Steinborn) dürfte demnach zunächst auf der Bank auf seinen Einsatz warten.
Im Angriff ist ansonsten Darryl Geurts (11) als Wechselalternative zu erwarten. Er ist ein torgefährlicher (8 Tore) linker Außenbahnspieler, der aber auch auf der rechten Seite spielen kann.
In den Ligaspielen hat Trainer Benbennek das Wechselkontingent von 5 Spielern durchaus nicht selten voll ausgeschöpft, ohne dass er dazu durch Verletzungen oder Platzverweis-Risiken gezwungen war. Breitfeld/Steinborn ist dabei ein beliebter Wechsel, häufig zwischen der 65. Und 75. Minute, um nochmals „frischen Wind“ reinzubringen. Aus taktischen Gründen wird aber auch schon mal zur zweiten Halbzeit gewechselt. Wenn es in der ersten nicht richtig geklappt hat, scheut der Trainer auch keinen frühen Doppelwechsel.
Der BFC Dynamo ist in der RL Nordost ganz überwiegend deutlich offensiv aufgetreten. Das Mittelfeld und die Abwehr stehen dann gewöhnlich recht hoch, um den gegnerischen Aufbau nicht zur Entfaltung kommen zu lassen und um Umschaltmomente zu erzwingen.
Am Ende einer sehr stark und konstant durchgespielten Saison mit nur einer kleinen und wohl Corona-bedingten schwächeren Serie (11. Bis 14. Spieltag: 3 Unentschieden, eine Niederlage) hat es dann zum Saisonende hin doch etwas geholpert. In den letzten 6 Punktspielen gab es nur zwei Siege (1:0 gegen TeBe Berlin und 4:2 im letzten Spiel im Jahn-Sportpark gegen die VSG Altglienicke), ansonsten zwei Unentschieden (2:2 in Auerbach und in 1:1 Fürstenwalde) und sogar zwei Heimniederlagen (jeweils 1:2 gegen Jena und gegen den Berliner AK).
Wirklich in Frage gestellt wurde die Meisterschaft in der RL Nordost damit aber nicht mehr. Lokomotive Leipzig, der einzige verbliebene ernsthafte Verfolger büßte zum Schluss hin weitaus mehr Punkte ein als der BFC und der FC Carl Zeiss Jena nahm die Verfolgung deutlich zu spät auf und konnte seinen längst schon viel zu großen gewordenen Rückstand dann auch absehbar nicht mehr aufholen.
Rein rechnerisch blieb es zwar noch bis zum letzten Spieltag offen, tatsächlich war die Meisterschaft aber schon mindestens 3 Spieltage vorher entschieden. Allerdings hat der BFC in den letzten Spielen einer insgesamt sehr starken Saison einige Schwächen gezeigt. Gegen Altglienicke etwa hätte es ohne eine wirklich bärenstarke Leistung von Torwart Stajila durchaus statt nur 2 auch 3, 4 oder 5 Gegentore geben können. Speziell in der eigentlich starken Innenverteidigung gab es etliche Abstimmungsprobleme und daraus resultierende Lücken. Und auch das Mittelfeld hatte defensiv nicht den ansonsten zumeist guten Zugriff.
Um diese gegenüber dem vorherigen Saisonverlauf abfallende Schlussphase einzuordnen:
Am plausibelsten erscheint es mir, hier einen Abfall der Spannung anzunehmen, nachdem der Meistertitel allenfalls rechnerisch noch nicht eingetütet war, faktisch (zu 99,99%) aber durchaus schon. Gegen so einen Spannungsabfall helfen eigene gute Vorsätze und Ansprachen des Trainers nur bedingt. Was wirklich hilft, ist der Aufbau neuer Spannung im Hinblick auf ein neues und noch höheres sportliches Ziel. Und was das anbelangt, dafür ist gesorgt.
Im dritten Teil (morgen) wird darauf eingegangen, wer Favorit für den Gewinn der Relegation ist, bzw. ob es (vor dem ersten Spiel) überhaut schon einen Favoriten gibt. Zudem (ich bin einfach mal so vermessen) ein paar Hinweise dazu, wie der BFC bespielt werden könnte/sollte.
Teil 3:
Zum Spiel oder zu den beiden Spielen
Die Frage: „Wer setzt sich in der Relegation durch?“, kann hier natürlich nicht beantwortet werden. Auch die Frage danach, wer wohl als Favorit anzusehen ist, kann ich nicht beantworten. Nicht unbedingt alles, aber doch vieles scheint möglich. Wie es am Ende ausgeht, wird nicht zuletzt von der jeweiligen Tagesform und von Zufallsfaktoren abhängen, die man gerne auch als „Spielglück“ oder eben als „Pech gehabt“ ansehen mag. Und, ganz wichtig, vom jeweiligen Nervenkostüm der Akteure. „Verkackte Relegation …“, so (oder so ähnlich) hat es Dynamos Christian Beck nach dem Sieg im letzten Spiel in einem Interview gesagt. Und Recht hat er! Die Relegation, in der zwei RL-Meister um einen Aufstiegsplatz spielen und kämpfen müssen, ist ja noch etwas ganz anderes als etwa die Relegation zwischen dem Dritten einer unteren und dem Drittletzten einer höheren Liga. Und natürlich werden die Spieler mit ihren Nerven zu kämpfen haben.
Ich habe die mir die Dynamos seit Wiederaufnahme des Spielbetriebs nach der Winterpause regelmäßig im Fernsehen, im Streaming oder zumindest in Videoaufzeichnungen angesehen. Da war dann von wirklich großartigen Auftritten (wie etwa in Chemnitz beim 3:1) über „so lala“ (vor allem in der Endphase der Saison) bis hin zu auch schwachen und zerfahrenen Auftritten (wie etwa beim Ortsrivalen Lichtenberg oder gegen den Berliner AK) so ziemlich alles dabei. Der VfB war in der Endphase der Saison leistungsmäßig eindeutig stabiler; das belegen allein schon die Ergebnisse.
Was das alles in direkten Aufeinandertreffen bedeutet? Wenig bis gar nichts. Entscheidend ist ausschließlich „auf’ m Platz“. Und da haben sich der BFC Dynamo und der VfB – soweit ich weiß – bisher noch nie gegenübergestanden. So what? – Wait and see oder, wie der Teamchef Franz B. zu sagen pflegte: „Schaun mer mal.“
Eine Favoritenrolle wird der VfB sicher nicht beanspruchen oder sich aufschwatzen lassen; der BFC Dynamo und sein Trainer Benbennek (noch von seinen Trainer-Engagements beim TSV Havelse bekannt) wohl auch eher nicht.
Was kann man (wenn man denn als interessierter Laie so vermessen sein mag) Dario Fossi und seiner Mannschaft für die Relegationsspiele raten? Hier ein paar Ideen:
Thema Christian Beck:
Man sollte versuchen, ihm möglichst wenig hohe Flankenbälle von der Grundlinie her zukommen zu lassen. Dafür muss vor allem die linke Seite des VfB Joey Breitfeld (oder Matthias Steinborn) ausbremsen, dass da nicht mit Tempo bis zur Grundlinie durchgerauscht wird. Kann man die gefährlichen Flankenbälle von der Grundlinie unterbinden, ist schon einiges gewonnen. Hohe Diagonal-Bälle aus dem Halbfeld auf den Dynamo-Torjäger sind weitaus weniger gefährlich und erlauben der Abwehr mehr Reaktionszeit.
Thema Andor Bolyki:
Auch bei der notwendigen Konzentration auf Beck darf man den ehemaligen ungarischen Junioren-Nationalspieler nicht aus Dem Blickfeld lassen. Der schlägt gerne und durchaus auch oft zu, sozusagen aus dem Schatten von Beck, nicht selten auch mit Köpfchen aber überwiegend mit der rechten Klebe.
Gefahr aus dem Mittelfeld:
Der BFC Dynamo steht häufig sehr hoch und setzt den Gegner massiv unter Druck, um ihn erst gar nicht zur Entfaltung kommen zu lassen. „Einladungen“ aus Risikopässen und Querspielerei können da schnell ganz böse enden. Besondere Aufmerksamkeit sollte Andreas Siebeck erfahren, der sich gerne mal vorne einmischt und (vor allem mit Rechts) ausgesprochen torgefährlich ist. Zu unseren Ex-Spieler Andreas Pollasch, seiner Zweikampfstärke und Spielübersicht, muss man hier wohl nicht mehr viel sagen.
Körperlich gegenhalten:
Eigentlich banal, darauf hinzuweisen, dass spielerische Mittel allein nicht reichen, um gegen den BFC bestehen zu können (gilt andersherum vermutlich gleichermaßen). Wenn dieser Punkt hier dennoch angesprochen wird, dann weil die BFC-Spieler durchweg körperlich robust zur Sache gehen und den Zweikampf nicht scheuen.
Den Ball flach halten:
Gegen die überwiegend groß gewachsenen Spieler in der Innenverteidigung und im Zentralmittelfeld würde ich hohe Bälle eher nicht empfehlen. Man sollte es vorzugsweise mit Tempo, über Außen und dazu eher flach und vor allem direkt versuchen, was etwa Ayo oder Brand liegen müsste, die antrittsschnell, beweglich und technisch „nicht ohne“ sind.
Und zum Schluss:
Support, Support, Support! Auch wenn es eng wird, selbst und erst recht bei einem eventuellen Rückstand. Die VfB-Mannschaft braucht – und verdient – jede nur mögliche Unterstützung von den Rängen, auswärts und zu Hause!
Zuletzt geändert von Dino am 24.05.2022 15:16, insgesamt 5-mal geändert.
„Der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen. Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.“
(Albert Camus)
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Re: Vorschau BFC Dynamo
Danke für die Mühe und die Informationen
Re: Vorschau BFC Dynamo
Danke, Dino!
Sehr ausführlicher und informativer Beitrag!
Für solche schätze ich das Forum und danke seinen Machern.
Für Dienstag setze ich mir schon mal einen Alarm, und freue mich auf die Mannschaftsvorstellung .
Sehr ausführlicher und informativer Beitrag!
Für solche schätze ich das Forum und danke seinen Machern.
Für Dienstag setze ich mir schon mal einen Alarm, und freue mich auf die Mannschaftsvorstellung .
Arsch huh, Zäng ussenander
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Re: Vorschau BFC Dynamo
Hier die Antwort vom BFC auf meine Anfrage nach der Anstoßzeit:
"...wir werden am kommenden Dienstag alle Infos zum Spiel bekommen.
News finden sie dann hier: https://bfc.com/
Mit freundlichen Grüßen
Norbert Uhlig"
"...wir werden am kommenden Dienstag alle Infos zum Spiel bekommen.
News finden sie dann hier: https://bfc.com/
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Norbert Uhlig"
WIR K0MMEN WIEDER H0CH!
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Re: Vorschau BFC Dynamo
WIR K0MMEN WIEDER H0CH!
Re: Vorschau BFC Dynamo
Bitte den Spiel-Strang benutzen, wenn's nicht direkt um Dinos Vorschau geht. Sonst fliegt hier alles durcheinander. Danke!
"Wir schlugen Hertha, wir schlugen Pauli, wir schlugen Meppen sowieso, Hannover 96, Bayer Uerding', das war 'ne Show!"
Re: Vorschau BFC Dynamo
Die wollen unsere billigeren Tricks durchschauen? Na und! Wir haben Dinos Durchblick. Da mach ich mir keine Sorgen.AufstiegVfB hat geschrieben: ↑22.05.2022 20:03https://www.berliner-kurier.de/fussball ... -li.229283
Danke Dino für deine tollen Mühen. Ist schon mal ein lesenswerter Einstieg geworden.
Re: Vorschau BFC Dynamo
vielen vielen Dank für diese ausführlichen Infos Dino
ein paar Sachen drin die ich so auch noch nicht wusste...!
thx
ein paar Sachen drin die ich so auch noch nicht wusste...!
thx
04.06.2022...16.00 Uhr...
Re: Vorschau BFC Dynamo
Ich habe meinen Startbeitrag - etwas früher als vorgesehen - um den angekündigten Teil 2 der Vorschau erweitert.
„Der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen. Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.“
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Re: Vorschau BFC Dynamo
vielen dank dafür dino!
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und schnelle Autos ausgegeben. Den Rest habe ich einfach verprasst."
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Re: Vorschau BFC Dynamo
Dino, danke für deine Ausführungen, auch dafür liebe ich dieses Forum.
VfB Oldenburg 1897 - 3. Liga 2022/2023 - 15.04.2024 Beschluss Stadionneubau
Eisvögel USC Freiburg - 2022 Deutscher Meister - 2013 Deutscher Pokalsieger
Eisvögel USC Freiburg - 2022 Deutscher Meister - 2013 Deutscher Pokalsieger
Re: Vorschau BFC Dynamo
So, geschafft. Teil 3 der Vorschau wurde dem Beitrag hinzugefügt.
Ein vierter Teil kann dann noch nach dem Hinspiel und vor dem Rückspiel kommen, wenn wir alle um einige Erfahrungen schlauer sind.
Für's Erste ist jetzt aber genug vorgeschaut. Berlin-Hohenschönhausen wir kommen!
Ein vierter Teil kann dann noch nach dem Hinspiel und vor dem Rückspiel kommen, wenn wir alle um einige Erfahrungen schlauer sind.
Für's Erste ist jetzt aber genug vorgeschaut. Berlin-Hohenschönhausen wir kommen!
„Der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen. Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.“
(Albert Camus)
(Albert Camus)
Re: Vorschau BFC Dynamo
Vielen Dank für deinen ausführlichen Bericht Dino. Wieder mal sehr interessant!
Anknüpfend an deine kurzen Ausführungen zu den rechten und gewaltbereiten Gruppen beim BFC möchte ichl kurz meine (subjektive) Einschätzung/Wahrnehmung der Hooliganszene und den Umgang des Vereins mit dieser abgeben.
Von außen betrachtet habe ich den Eindruck, dass rechte Hooligans immer noch beim BFC präsent sind (wenn auch tatsächlich nicht mehr so stark wie es früher der Fall gewesen ist) und diese sich dort auch offenkundig wohl fühlen können. Es hängen zwar keine Reichskriegsflaggen oder ähnliches am Zaun und es kommt auch nicht in aller Regelmäßigkeit zu Ausschreitungen bei Spielen. Dies hängt aber wohl auch mit der veränderten öffentlichen Sichtbarkeit und Wahrnehmung der Hooligankultur und allgemeinen Entwicklungen zusammen. Nach der Krise in den Nullerjahren und einhergehend mit verschärften Sicherheitsmaßnahmen hat sich der rechte Hooliganismus inzwischen von einer gewalttätigen Jugendkultur hin zu einem professionalisierten Kampfspotnetzwerk entwickelt. Die Aktivitäten wurden aus dem Stadion verlagert und es wurden professionelle Kampfsportstudios aufgebaut, Kleidungsfirmen in Leben gerufen und eigene Events organisiert. Gleichzeitig hat sich auch der Rechtsextremismus extrem gewandelt in den letzten 10 Jahren und sich vielfältig ausdifferenziert und ist nicht immer auf den ersten Eindruck erkennbar. Rechte Hooligans, die gegenwärtig in die Stadien gehen, sind heutzutage zumeist unauffällig, auch weil in manchen Szenen strategisch versucht wird, wieder Anschluss an die aktive Fanszene zu finden, aus der sie lange Zeit ausgeschlossen wurden.Gleichzeitig gab und gibt es in einigen Fanszenen Konflikte zwischen Ultras, die sich gesellschaftspolitisch engagieren und Hooligans, die dem rechten Lager zuzurechnen sind.
Die Hooliganszene des BFC Dynamo oder zumindest Teile davon scheinen meinen Recherchen zufolge sehr gut vernetzt zu sein in die rechtsextreme Kampfsportszene. BFC Hooligans nahmen an HoGeSa („Hooligans gegen Salafisten“) Demonstrationen ebenso teil wie an PEGIDA Veranstaltungen in Dresden (https://www.spiegel.de/sport/fussball/p ... 12700.html) . Nachdem eine der größten rechtsextremen Kampfsport Veranstaltungen – der „Kampf der Nibelungen“- durch die Sicherheitsbehörden verboten wurde, posierten Neonazis aus der BFC Dymano Fanszene vor einem Solidaritätsgraffiti (https://runtervondermatte.noblogs.org/n ... nd-analyse). Und erst kürzlich sind BFC Hooligans in Chemnitz aufgefallen, die auf den Weg zu einer Demo der rechtsextremen Partei „III.Weg“ waren und dort einen Zug mit Gegendemonstrant*innen angriffen (https://www.instagram.com/p/CdDmiJ9jyq9 ... mMyMTA2M2Y). Personen, die der älteren Hooligangeneration zuzurechnen sind, nahmen außerdem vor ein paar Jahren an einem Trauermarsch für den rechtsextremen Fan Thomas Haller teil( https://www.dw.com/de/bfc-dynamo-vom-st ... a-51147685).
Ich denke, solche Aktivitäten (auch wenn sie außerhalb des Stadions stattfinden) tragen maßgeblich dazu bei, dass der BFC nach wie vor als rechtsoffener/rechter Verein wahrgenommen wird. Zudem scheint sich die Präsenz der rechten Hooligans weiterhin auch auf das allgemeine Klima in der Kurve auszuwirken. Wenn progressive Gruppen sich aus Angst vor den Hooligans nicht trauen, ihr antirassistisches Engagement öffentlich zu machen (https://taz.de/Rassismus-beim-BFC-Dynamo/!5348199/), dann spricht das nicht gerade für eine offene, fortschrittliche Fankurve. Während andere Vereine mit ähnlichen Problemen und Herausforderungen sich diesen angenommen haben, habe ich beim BFC den Eindruck, dass sich dahin gehend beim Verein eher wenig bis gar nichts tut. Wenn der Verein ein ernsthaftes Interesse daran hätte, etwas an seinem Image zu ändern, hätte er z.B. die Ultras in ihrem Engagement unterstützen können. Mir ist auch nicht bekannt, dass der Verein durch präventive Angebote zur Förderung der Vielfalt und gegen Rechtsextremismus aufgefallen wäre. Auch eine Hausordnung in dem z.B. das Tragen rechter Kleidung verboten wird (wie es inzwischen in vielen Stadien der Fall ist) ist mir nicht bekannt. Jedenfalls habe ich dazu nichts gefunden. Stattdessen ist davon zu lesen, dass der Verein vor noch nicht allzulanger Zeit mit einem Sicherheitsdienst zusammen gearbeitet hat, dessen Chef bei dem rechtsextremen Kampfsport Turnier „TIWAZ“ angetreten ist. (https://runtervondermatte.noblogs.org/n ... ier-tiwaz/). Sowas bestärkt das Image des Vereins dann noch mal zusätzlich.
Ausbleibendes Engagement von Vereinen bei entsprechenden Problemlagen bietet den Nährboden, dass rechte Hooligans sich frei entfalten können und ein Klima vorherrscht, bei dem es auch mal zu rassistischen oder ähnlichen Vorkommnissen kommen kann oder andere im Stadion, die nicht mit dieser (angstmachenden) Kultur einhergehen ausgegrenzt werden. Bei einem Heimspiel in der letzten Saison sollen rassistische und antisemitische Parolen gerufen und der Hitlergruß gezeigt worden sein. Es wurden außerdem Strafanzeigen wegen Verwenden verfassungsfeindlicher Symbole gestellt. Der NOFV verdonnerte den Club offenbar zu einer fünfstelligen Geldstrafe und einem Geisterspiel auf Bewährung. 40 Prozent der Geldstrafe soll für Maßnahmen gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus verwendet werden. Anstatt die Strafe anzunehmen und den Vorfall als Anlass zu nehmen sich auch mal selbstkritisch mit der eigenen Fanszene auseinander zu setzen, sich klarer zu positionieren und präventive Projekte voran zu bringen, forderte der BFC eine wahrheitsgemäße und sachliche Aufarbeitung (https://bfc.com/news.php?id=1749&cat_id=1) und legte Berufung ein (https://www.sportschau.de/regional/mdr/ ... ry100.html).
Meiner (subjektiven) Einschätzung nach scheinen Hooligans beim BFC kein Problem darzustellen. Der Verein scheint im Umgang mit diesen irgendwo in den 1990er Jahren hängen geblieben zu sein. Selbst beim Chemnitzer FC (!) scheint man bemühter zu sein, am eigenen Image zu arbeiten als beim BFC. Sympatisch ist mir der Club nicht und ich hoffe, es wird bei einem einmaligen Gastspiel in Berlin bleiben. Aber vielleicht liege ich mit meiner Einschätzung ja auch falsch und gibt es auch positive Entwicklungen, die an mir vorbei gegangen sind und über die nicht medial berichtet wurde. Sollte dem so sein, wäre ich sehr an weiteren Einschätzungen und Berichten interessiert und würde mein Bild das ich vom BFC ggf. noch mal überdenken. Ansonsten bleibt es für mich erstmal ein unsympatischer Verein mit eher unsympathischen Klientel.
Anknüpfend an deine kurzen Ausführungen zu den rechten und gewaltbereiten Gruppen beim BFC möchte ichl kurz meine (subjektive) Einschätzung/Wahrnehmung der Hooliganszene und den Umgang des Vereins mit dieser abgeben.
Von außen betrachtet habe ich den Eindruck, dass rechte Hooligans immer noch beim BFC präsent sind (wenn auch tatsächlich nicht mehr so stark wie es früher der Fall gewesen ist) und diese sich dort auch offenkundig wohl fühlen können. Es hängen zwar keine Reichskriegsflaggen oder ähnliches am Zaun und es kommt auch nicht in aller Regelmäßigkeit zu Ausschreitungen bei Spielen. Dies hängt aber wohl auch mit der veränderten öffentlichen Sichtbarkeit und Wahrnehmung der Hooligankultur und allgemeinen Entwicklungen zusammen. Nach der Krise in den Nullerjahren und einhergehend mit verschärften Sicherheitsmaßnahmen hat sich der rechte Hooliganismus inzwischen von einer gewalttätigen Jugendkultur hin zu einem professionalisierten Kampfspotnetzwerk entwickelt. Die Aktivitäten wurden aus dem Stadion verlagert und es wurden professionelle Kampfsportstudios aufgebaut, Kleidungsfirmen in Leben gerufen und eigene Events organisiert. Gleichzeitig hat sich auch der Rechtsextremismus extrem gewandelt in den letzten 10 Jahren und sich vielfältig ausdifferenziert und ist nicht immer auf den ersten Eindruck erkennbar. Rechte Hooligans, die gegenwärtig in die Stadien gehen, sind heutzutage zumeist unauffällig, auch weil in manchen Szenen strategisch versucht wird, wieder Anschluss an die aktive Fanszene zu finden, aus der sie lange Zeit ausgeschlossen wurden.Gleichzeitig gab und gibt es in einigen Fanszenen Konflikte zwischen Ultras, die sich gesellschaftspolitisch engagieren und Hooligans, die dem rechten Lager zuzurechnen sind.
Die Hooliganszene des BFC Dynamo oder zumindest Teile davon scheinen meinen Recherchen zufolge sehr gut vernetzt zu sein in die rechtsextreme Kampfsportszene. BFC Hooligans nahmen an HoGeSa („Hooligans gegen Salafisten“) Demonstrationen ebenso teil wie an PEGIDA Veranstaltungen in Dresden (https://www.spiegel.de/sport/fussball/p ... 12700.html) . Nachdem eine der größten rechtsextremen Kampfsport Veranstaltungen – der „Kampf der Nibelungen“- durch die Sicherheitsbehörden verboten wurde, posierten Neonazis aus der BFC Dymano Fanszene vor einem Solidaritätsgraffiti (https://runtervondermatte.noblogs.org/n ... nd-analyse). Und erst kürzlich sind BFC Hooligans in Chemnitz aufgefallen, die auf den Weg zu einer Demo der rechtsextremen Partei „III.Weg“ waren und dort einen Zug mit Gegendemonstrant*innen angriffen (https://www.instagram.com/p/CdDmiJ9jyq9 ... mMyMTA2M2Y). Personen, die der älteren Hooligangeneration zuzurechnen sind, nahmen außerdem vor ein paar Jahren an einem Trauermarsch für den rechtsextremen Fan Thomas Haller teil( https://www.dw.com/de/bfc-dynamo-vom-st ... a-51147685).
Ich denke, solche Aktivitäten (auch wenn sie außerhalb des Stadions stattfinden) tragen maßgeblich dazu bei, dass der BFC nach wie vor als rechtsoffener/rechter Verein wahrgenommen wird. Zudem scheint sich die Präsenz der rechten Hooligans weiterhin auch auf das allgemeine Klima in der Kurve auszuwirken. Wenn progressive Gruppen sich aus Angst vor den Hooligans nicht trauen, ihr antirassistisches Engagement öffentlich zu machen (https://taz.de/Rassismus-beim-BFC-Dynamo/!5348199/), dann spricht das nicht gerade für eine offene, fortschrittliche Fankurve. Während andere Vereine mit ähnlichen Problemen und Herausforderungen sich diesen angenommen haben, habe ich beim BFC den Eindruck, dass sich dahin gehend beim Verein eher wenig bis gar nichts tut. Wenn der Verein ein ernsthaftes Interesse daran hätte, etwas an seinem Image zu ändern, hätte er z.B. die Ultras in ihrem Engagement unterstützen können. Mir ist auch nicht bekannt, dass der Verein durch präventive Angebote zur Förderung der Vielfalt und gegen Rechtsextremismus aufgefallen wäre. Auch eine Hausordnung in dem z.B. das Tragen rechter Kleidung verboten wird (wie es inzwischen in vielen Stadien der Fall ist) ist mir nicht bekannt. Jedenfalls habe ich dazu nichts gefunden. Stattdessen ist davon zu lesen, dass der Verein vor noch nicht allzulanger Zeit mit einem Sicherheitsdienst zusammen gearbeitet hat, dessen Chef bei dem rechtsextremen Kampfsport Turnier „TIWAZ“ angetreten ist. (https://runtervondermatte.noblogs.org/n ... ier-tiwaz/). Sowas bestärkt das Image des Vereins dann noch mal zusätzlich.
Ausbleibendes Engagement von Vereinen bei entsprechenden Problemlagen bietet den Nährboden, dass rechte Hooligans sich frei entfalten können und ein Klima vorherrscht, bei dem es auch mal zu rassistischen oder ähnlichen Vorkommnissen kommen kann oder andere im Stadion, die nicht mit dieser (angstmachenden) Kultur einhergehen ausgegrenzt werden. Bei einem Heimspiel in der letzten Saison sollen rassistische und antisemitische Parolen gerufen und der Hitlergruß gezeigt worden sein. Es wurden außerdem Strafanzeigen wegen Verwenden verfassungsfeindlicher Symbole gestellt. Der NOFV verdonnerte den Club offenbar zu einer fünfstelligen Geldstrafe und einem Geisterspiel auf Bewährung. 40 Prozent der Geldstrafe soll für Maßnahmen gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus verwendet werden. Anstatt die Strafe anzunehmen und den Vorfall als Anlass zu nehmen sich auch mal selbstkritisch mit der eigenen Fanszene auseinander zu setzen, sich klarer zu positionieren und präventive Projekte voran zu bringen, forderte der BFC eine wahrheitsgemäße und sachliche Aufarbeitung (https://bfc.com/news.php?id=1749&cat_id=1) und legte Berufung ein (https://www.sportschau.de/regional/mdr/ ... ry100.html).
Meiner (subjektiven) Einschätzung nach scheinen Hooligans beim BFC kein Problem darzustellen. Der Verein scheint im Umgang mit diesen irgendwo in den 1990er Jahren hängen geblieben zu sein. Selbst beim Chemnitzer FC (!) scheint man bemühter zu sein, am eigenen Image zu arbeiten als beim BFC. Sympatisch ist mir der Club nicht und ich hoffe, es wird bei einem einmaligen Gastspiel in Berlin bleiben. Aber vielleicht liege ich mit meiner Einschätzung ja auch falsch und gibt es auch positive Entwicklungen, die an mir vorbei gegangen sind und über die nicht medial berichtet wurde. Sollte dem so sein, wäre ich sehr an weiteren Einschätzungen und Berichten interessiert und würde mein Bild das ich vom BFC ggf. noch mal überdenken. Ansonsten bleibt es für mich erstmal ein unsympatischer Verein mit eher unsympathischen Klientel.
Zuletzt geändert von BöllerB am 25.05.2022 00:09, insgesamt 1-mal geändert.
Re: Vorschau BFC Dynamo
Na wenn Dir das wichtig war, dann konntest Du Dich ja nun tiefgründig produzieren. Musstest ja scheinbar lange warten, um so ein "rechtes" Kaliber mal endlich als Sportlichen Gegner politisch bewerten zu können. Ich würde mir nie auch nur ansatzweise erlauben, eine ähnliche Analyse der Oldenburger Fanszene abzugeben und schon gar nicht auf der Grundlage von Medienberichten. Aber gut, irgendein Ziel verfolgst Du ja damit und ich hoffe mal, es gelingt nicht! Was soll Dein rein politisches Statement zu den Spielen beitragen? Brauchst Du uns in der Rolle "der bösen", ewiggestrigen, Bomberjacken und Doc's tragenden Neonazis aus dem Osten? Glaubst Du das hilft? Wie war das doch gleich, glänze mit eigenen Stärken und profiliere Dich nicht mit den (vermeintlichen) Schwächen von Anderen? Unsere Szene ist bunt gemischt, von links bis rechts, über 60 % unserer aktiven Mitglieder haben einen Migrationshintergrund, unsere Ultras werdet Ihr sehen und hören können und bevor ich Deinem "privaten Parteitag" noch mehr Aufmerksamkeit schenke, sei der Hinweis noch erlaubt, wenn die Medien schon als reine Informationsquelle dienen, dann sollte man diese auch richtig zu nutzen wissen - Thomas Haller war mit Sicherheit alles andere als ein Magdeburg-Fan.BöllerB hat geschrieben: ↑24.05.2022 22:33Vielen Dank für deinen ausführlichen Bericht Dino. Wieder mal sehr interessant!
Anknüpfend an deine kurzen Ausführungen zu den rechten und gewaltbereiten Gruppen beim BFC möchte ichl kurz meine (subjektive) Einschätzung/Wahrnehmung der Hooliganszene und den Umgang des Vereins mit dieser abgeben.
Von außen betrachtet habe ich den Eindruck, dass rechte Hooligans immer noch beim BFC präsent sind (wenn auch tatsächlich nicht mehr so stark wie es früher der Fall gewesen ist) und diese sich dort auch offenkundig wohl fühlen können. Es hängen zwar keine Reichskriegsflaggen oder ähnliches am Zaun und es kommt auch nicht in aller Regelmäßigkeit zu Ausschreitungen bei Spielen. Dies hängt aber wohl auch mit der veränderten öffentlichen Sichtbarkeit und Wahrnehmung der Hooligankultur und allgemeinen Entwicklungen zusammen. Nach der Krise in den Nullerjahren und einhergehend mit verschärften Sicherheitsmaßnahmen hat sich der rechte Hooliganismus inzwischen von einer gewalttätigen Jugendkultur hin zu einem professionalisierten Kampfspotnetzwerk entwickelt. Die Aktivitäten wurden aus dem Stadion verlagert und es wurden professionelle Kampfsportstudios aufgebaut, Kleidungsfirmen in Leben gerufen und eigene Events organisiert. Gleichzeitig hat sich auch der Rechtsextremismus extrem gewandelt in den letzten 10 Jahren und sich vielfältig ausdifferenziert und ist nicht immer auf den ersten Eindruck erkennbar. Rechte Hooligans, die gegenwärtig in die Stadien gehen, sind heutzutage zumeist unauffällig, auch weil in manchen Szenen strategisch versucht wird, wieder Anschluss an die aktive Fanszene zu finden, aus der sie lange Zeit ausgeschlossen wurden.Gleichzeitig gab und gibt es in einigen Fanszenen Konflikte zwischen Ultras, die sich gesellschaftspolitisch engagieren und Hooligans, die dem rechten Lager zuzurechnen sind.
Die Hooliganszene des BFC Dynamo oder zumindest Teile davon scheinen meinen Recherchen zufolge sehr gut vernetzt zu sein in die rechtsextreme Kampfsportszene. BFC Hooligans nahmen an HoGeSa („Hooligans gegen Salafisten“) Demonstrationen ebenso teil wie an PEGIDA Veranstaltungen in Dresden (https://www.spiegel.de/sport/fussball/p ... 12700.html) . Nachdem eine der größten rechtsextremen Kampfsport Veranstaltungen – der „Kampf der Nibelungen“- durch die Sicherheitsbehörden verboten wurde, posierten Neonazis aus der BFC Dymano Fanszene vor einem Solidaritätsgraffiti (https://runtervondermatte.noblogs.org/n ... nd-analyse). Und erst kürzlich sind BFC Hooligans in Chemnitz aufgefallen, die auf den Weg zu einer Demo der rechtsextremen Partei „III.Weg“ waren und dort einen Zug mit Gegendemonstrant*innen angriffen (https://www.instagram.com/p/CdDmiJ9jyq9 ... mMyMTA2M2Y). Personen, die der älteren Hooligangeneration zuzurechnen sind, nahmen vor ein paar Jahren an einem Trauermarsch für den rechtsextremen Magdeburg Fan Thomas Haller teil( https://www.dw.com/de/bfc-dynamo-vom-st ... a-51147685).
Ich denke, solche Aktivitäten (auch wenn sie außerhalb des Stadions stattfinden) tragen maßgeblich dazu bei, dass der BFC nach wie vor als rechtsoffener/rechter Verein wahrgenommen wird. Zudem scheint sich die Präsenz der rechten Hooligans weiterhin auch auf das allgemeine Klima in der Kurve auszuwirken. Wenn progressive Gruppen sich aus Angst vor den Hooligans nicht trauen, ihr antirassistisches Engagement öffentlich zu machen (https://taz.de/Rassismus-beim-BFC-Dynamo/!5348199/), dann spricht das nicht gerade für eine offene, fortschrittliche Fankurve. Während andere Vereine mit ähnlichen Problemen und Herausforderungen sich diesen angenommen haben, habe ich beim BFC den Eindruck, dass sich dahin gehend beim Verein eher wenig bis gar nichts tut. Wenn der Verein ein ernsthaftes Interesse daran hätte, etwas an seinem Image zu ändern, hätte er z.B. die Ultras in ihrem Engagement unterstützen können. Mir ist auch nicht bekannt, dass der Verein durch präventive Angebote zur Förderung der Vielfalt und gegen Rechtsextremismus aufgefallen wäre. Auch eine Hausordnung in dem z.B. das Tragen rechter Kleidung verboten wird (wie es inzwischen in vielen Stadien der Fall ist) ist mir nicht bekannt. Jedenfalls habe ich dazu nichts gefunden. Stattdessen ist davon zu lesen, dass der Verein vor noch nicht allzulanger Zeit mit einem Sicherheitsdienst zusammen gearbeitet hat, dessen Chef bei dem rechtsextremen Kampfsport Turnier „TIWAZ“ angetreten ist. (https://runtervondermatte.noblogs.org/n ... ier-tiwaz/). Sowas bestärkt das Image des Vereins dann noch mal zusätzlich.
Ausbleibendes Engagement von Vereinen bei entsprechenden Problemlagen bietet den Nährboden, dass rechte Hooligans sich frei entfalten können und ein Klima vorherrscht, bei dem es auch mal zu rassistischen oder ähnlichen Vorkommnissen kommen kann oder andere im Stadion, die nicht mit dieser (angstmachenden) Kultur einhergehen ausgegrenzt werden. Bei einem Heimspiel in der letzten Saison sollen rassistische und antisemitische Parolen gerufen und der Hitlergruß gezeigt worden sein. Es wurden außerdem Strafanzeigen wegen Verwenden verfassungsfeindlicher Symbole gestellt. Der NOFV verdonnerte den Club offenbar zu einer fünfstelligen Geldstrafe und einem Geisterspiel auf Bewährung. 40 Prozent der Geldstrafe soll für Maßnahmen gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus verwendet werden. Anstatt die Strafe anzunehmen und den Vorfall als Anlass zu nehmen sich auch mal selbstkritisch mit der eigenen Fanszene auseinander zu setzen, sich klarer zu positionieren und präventive Projekte voran zu bringen, forderte der BFC eine wahrheitsgemäße und sachliche Aufarbeitung (https://bfc.com/news.php?id=1749&cat_id=1) und legte Berufung ein (https://www.sportschau.de/regional/mdr/ ... ry100.html).
Meiner (subjektiven) Einschätzung nach scheinen Hooligans beim BFC kein Problem darzustellen. Der Verein scheint im Umgang mit diesen irgendwo in den 1990er Jahren hängen geblieben zu sein. Selbst beim Chemnitzer FC (!) scheint man bemühter zu sein, am eigenen Image zu arbeiten als beim BFC. Sympatisch ist mir der Club nicht und ich hoffe, es wird bei einem einmaligen Gastspiel in Berlin bleiben. Aber vielleicht liege ich mit meiner Einschätzung ja auch falsch und gibt es auch positive Entwicklungen, die an mir vorbei gegangen sind und über die nicht medial berichtet wurde. Sollte dem so sein, wäre ich sehr an weiteren Einschätzungen und Berichten interessiert und würde mein Bild das ich vom BFC ggf. noch mal überdenken. Ansonsten bleibt es für mich erstmal ein unsympatischer Verein mit eher unsympathischen Klientel.
Re: Vorschau BFC Dynamo
Über ein ganz konkretes Ziel den mein Beitrag verfolgen soll hatte ich ehrlich gesagt nicht nachgedacht. Ich wollte lediglich meine subjektiven Eindrücke schildern, warum ich den BFC von außen betrachtet nicht sonderlich mag. Und das hat vor allem mit Hooliganismus als auch mit politischen Gründen zu tun.Leseratte hat geschrieben: ↑24.05.2022 23:11
Aber gut, irgendein Ziel verfolgst Du ja damit und ich hoffe mal, es gelingt nicht! Was soll Dein rein politisches Statement zu den Spielen beitragen? Brauchst Du uns in der Rolle "der bösen", ewiggestrigen, Bomberjacken und Doc's tragenden Neonazis aus dem Osten?
Solche Betrachtungsweisen finde ich zum Beispiel interessant und würde auch gerne noch mehr darüber erfahren. Dazu konnte ich nämlich nichts finden bzw. lediglich die Aussagen in dem TAZ Artikel. in dem es heißt, dass eurer Publikum eher aus einem homogenen Publikum besteht Eigentlich wäre es spannend, sich mal persönlich über sowas im Vorfeld des Spiels auszutauschen. .Aber ich vermute mal, sowas wird nicht möglich sein. Bin auf jeden Fall schon gespannt, welche Eindrücke ich mir direkt vor Ort machen kann. Wie bereits geschrieben: vielleicht überdenke ic ja anschließend auch noch mal mein Bild das ich habe.
Danke für den Hinweis. Wird umgehend geändert.
Re: Vorschau BFC Dynamo
@BöllerB:
Die von Dir angeführten Quellen habe ich bei meinen Recherchen zum BFC auch mehrheitlich aufgestöbert und studiert. Dass es in Berlin und in Deutschland überhaupt höchst bedenkliche rechtsradikale Strukturen und Aktivitäten gibt, auf die vielerorts nicht angemessen reagiert wird, ist klar.
Etliche der in Deinem Beitrag angeführten Veröffentlichungen sind allerdings schon etwas älter bzw. beziehen sich auf doch schon deutlich zurückliegende Zeiträume.
Dass es schon zu DDR-Zeiten nicht nur lose rechtsradikale Gruppen rund um den BFC Dynamo gegeben hat, ist bekannt, auch dass diese vielfach aus verständlicher aber fehlgeleiteter juveniler Opposition zu den politischen Verhältnissen der DDR erwachsen sind.
Dass das alles dann in der Nach-Wende-Zeit massiv eskaliert ist, habe ich angesprochen.
Ich glaube allerdings durchaus, dass das Rechtsradikalen-Problem rund um den BFC bei Weitem nicht mehr die Dimension hat, die es in den 1990er Jahren und dem ersten Jahrzehnt der 2000er Jahre gehabt hat. Ich meine, es hat sich im Zuge der wirtschaftlichen und sportlichen Konsolidierung des BFC doch deutlich reduziert.
Von daher halte ich es nicht mehr für richtig, den BFC heute noch hauptsächlich über sein ehemals stark von rechtsradikalem Hooliganismus geprägtes Umfeld zu definieren, genau wie es heute keinen Sinn macht, ihn als (ehemaligen) „Stasiverein“ zu denunzieren, wie es die NWZ gerade wieder gemacht hat. Das war im Übrigen auch zu DDR-Zeiten schon ein reichlich schiefes Bild, für das mehr der Herr Erich M. verantwortlich war als der Berliner Fußballclub Dynamo als solcher.
Das sind natürlich Betrachtungen und Bewertungen aus einer gewissen räumlichen und zeitlichen Distanz, von denen man glauben und hoffen kann, dass sie die Realität einigermaßen korrekt erfassen. In wenigen Tagen können wir uns dann ein Bild aus nächster Nähe machen.
Thomas Haller, verstorben 2019, war ein bekannter und bekennender Neonazi, der im Umfeld des Chemnitzer FC jahrelang eine Rolle gespielt hat, u. a. hat er zeitweilig den „Odnungsdienst“ bei Heimspielen des CFC geleitet. Eine Ehrung nach seinem Krebstod bei einem Heimspiel des CFC, bei der sein Konterfei auf der Anzeigetafel gezeigt wurde, führte dann zu einem Skandal, der bundesweit durch die Zeitungen und das Fernsehen ging.
Die von Dir angeführten Quellen habe ich bei meinen Recherchen zum BFC auch mehrheitlich aufgestöbert und studiert. Dass es in Berlin und in Deutschland überhaupt höchst bedenkliche rechtsradikale Strukturen und Aktivitäten gibt, auf die vielerorts nicht angemessen reagiert wird, ist klar.
Etliche der in Deinem Beitrag angeführten Veröffentlichungen sind allerdings schon etwas älter bzw. beziehen sich auf doch schon deutlich zurückliegende Zeiträume.
Dass es schon zu DDR-Zeiten nicht nur lose rechtsradikale Gruppen rund um den BFC Dynamo gegeben hat, ist bekannt, auch dass diese vielfach aus verständlicher aber fehlgeleiteter juveniler Opposition zu den politischen Verhältnissen der DDR erwachsen sind.
Dass das alles dann in der Nach-Wende-Zeit massiv eskaliert ist, habe ich angesprochen.
Ich glaube allerdings durchaus, dass das Rechtsradikalen-Problem rund um den BFC bei Weitem nicht mehr die Dimension hat, die es in den 1990er Jahren und dem ersten Jahrzehnt der 2000er Jahre gehabt hat. Ich meine, es hat sich im Zuge der wirtschaftlichen und sportlichen Konsolidierung des BFC doch deutlich reduziert.
Von daher halte ich es nicht mehr für richtig, den BFC heute noch hauptsächlich über sein ehemals stark von rechtsradikalem Hooliganismus geprägtes Umfeld zu definieren, genau wie es heute keinen Sinn macht, ihn als (ehemaligen) „Stasiverein“ zu denunzieren, wie es die NWZ gerade wieder gemacht hat. Das war im Übrigen auch zu DDR-Zeiten schon ein reichlich schiefes Bild, für das mehr der Herr Erich M. verantwortlich war als der Berliner Fußballclub Dynamo als solcher.
Das sind natürlich Betrachtungen und Bewertungen aus einer gewissen räumlichen und zeitlichen Distanz, von denen man glauben und hoffen kann, dass sie die Realität einigermaßen korrekt erfassen. In wenigen Tagen können wir uns dann ein Bild aus nächster Nähe machen.
Thomas Haller, verstorben 2019, war ein bekannter und bekennender Neonazi, der im Umfeld des Chemnitzer FC jahrelang eine Rolle gespielt hat, u. a. hat er zeitweilig den „Odnungsdienst“ bei Heimspielen des CFC geleitet. Eine Ehrung nach seinem Krebstod bei einem Heimspiel des CFC, bei der sein Konterfei auf der Anzeigetafel gezeigt wurde, führte dann zu einem Skandal, der bundesweit durch die Zeitungen und das Fernsehen ging.
„Der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen. Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.“
(Albert Camus)
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Re: Vorschau BFC Dynamo
Einer der profundesten Kenner des BFC und Berliner Fußballs, sozusagen der Hardy Grüne Berlins, ist Frank Willmann. Dieser schrieb etwa schon 2016 für den Spiegel:
"BFC Dynamo - Weg vom schlechten Image
[...]
Der Lieblingsfeind aller Unioner ist ebenfalls im Ostteil der Stadt beheimatet: der BFC Dynamo. Doch auch wenn der Rekordmeister der DDR zwei Ligen tiefer spielt als Union, hat Dynamo ebenfalls eine bemerkenswert positive Entwicklung hinter sich. Und das nicht nur sportlich, wo er nach gefühlt zwei Jahrzehnten Anlauf endlich in der Regionalliga angekommen ist. Der einstige Beelzebub der DDR-Oberliga und Nachwendezeit hat auch in Sachen Image gewonnen, das jahrelang zwischen schlecht und recht(s) pendelte. Bei Fanrandalen und Nazigekreisch ist der Klub mittlerweile von Hansa Rostock rechts überholt worden, die Hooligans des BFC sind in die Jahre gekommen, der Nachwuchs geht eher zu Hertha oder Union. Die Fans sind immer noch keine Engel, aber wo sind sie das schon?"
https://www.spiegel.de/sport/fussball/a ... 92064.html
Ich freu mich auf den BFC. Ob da nun stabile Kurzhaarige wie die Berliner Jungs, die 2008 oder 2009 mal bei einem VfB Testspiel vorbeischauten um Littmann anzufeuern, Babelsberg-bunte Ultras oder die gesamte katholische Gemeinde Lichtenberg im Heimblock steht, ist mir Latte. Das Ding wird auf dem Platz und auf den Rängen entschieden.
"BFC Dynamo - Weg vom schlechten Image
[...]
Der Lieblingsfeind aller Unioner ist ebenfalls im Ostteil der Stadt beheimatet: der BFC Dynamo. Doch auch wenn der Rekordmeister der DDR zwei Ligen tiefer spielt als Union, hat Dynamo ebenfalls eine bemerkenswert positive Entwicklung hinter sich. Und das nicht nur sportlich, wo er nach gefühlt zwei Jahrzehnten Anlauf endlich in der Regionalliga angekommen ist. Der einstige Beelzebub der DDR-Oberliga und Nachwendezeit hat auch in Sachen Image gewonnen, das jahrelang zwischen schlecht und recht(s) pendelte. Bei Fanrandalen und Nazigekreisch ist der Klub mittlerweile von Hansa Rostock rechts überholt worden, die Hooligans des BFC sind in die Jahre gekommen, der Nachwuchs geht eher zu Hertha oder Union. Die Fans sind immer noch keine Engel, aber wo sind sie das schon?"
https://www.spiegel.de/sport/fussball/a ... 92064.html
Ich freu mich auf den BFC. Ob da nun stabile Kurzhaarige wie die Berliner Jungs, die 2008 oder 2009 mal bei einem VfB Testspiel vorbeischauten um Littmann anzufeuern, Babelsberg-bunte Ultras oder die gesamte katholische Gemeinde Lichtenberg im Heimblock steht, ist mir Latte. Das Ding wird auf dem Platz und auf den Rängen entschieden.
Re: Vorschau BFC Dynamo
Erstmal möchte ich mich noch für die tolle Vorschau bedanken.
Ich habe einige Spiele des BFC zumindest in der Zusammenfassung gesehen und finde da einiges von dem wieder, was du beschreibst.
Ein ordentlicher Anteil der letzten Tore wurde nach ruhenden Bällen, vor allem Ecken, erzielt, aus dem Spiel heraus waren es tatsächlich zumeist Flanken.
Sollte der BFC versuchen früh den Aufbau des VfB stören, würde ich sogar behaupten, dass der VfB diese Saison ziemlich pressingresistent ist. Dadurch wird die erste Verteidigungslinie des Gegners erfolgreich überspielt, auch dank eines Torhüters, der kicken kann.
Ich habe einige Spiele des BFC zumindest in der Zusammenfassung gesehen und finde da einiges von dem wieder, was du beschreibst.
Ein ordentlicher Anteil der letzten Tore wurde nach ruhenden Bällen, vor allem Ecken, erzielt, aus dem Spiel heraus waren es tatsächlich zumeist Flanken.
Sollte der BFC versuchen früh den Aufbau des VfB stören, würde ich sogar behaupten, dass der VfB diese Saison ziemlich pressingresistent ist. Dadurch wird die erste Verteidigungslinie des Gegners erfolgreich überspielt, auch dank eines Torhüters, der kicken kann.
Re: Vorschau BFC Dynamo
Vorschau BFC Dynamo
Vierter und letzter Teil
Nach dem (Hin)Spiel ist vor dem (Rück)Spiel
Die erste Etappe der Relegation liegt hinter der Mannschaft und hinter uns allen. Sie ist vom Spielverlauf und erst Recht vom Ergebnis her viel besser verlaufen, als man überhaupt zu hoffen gewagt hat. Der VfB hat in Hohenschönhausen bewiesen, dass er nicht nur gut mithalten kann. In der Gesamtbetrachtung des Spiels war ein VfB-Sieg ein Ergebnis, das dem Spielverlauf am meisten entsprochen hat.
Aber, es hätte auch anders ausgehen können. Gewonnen hat sicherlich die an diesem denkwürdigen Samstag bessere Mannschaft, aber eben auch die glücklichere Mannschaft. Und letzteres sollte man nicht vergessen oder verdrängen. Ein anderes Ergebnis lag durchaus im Bereich des Möglichen, wenn etwa Dynamos Christian Beck seine eigentlich (fast) 100%ige Chance (Kopfball aus rd. 4m Torentfernung) zum Ausgleich genutzt hätte.
Ich bin mir aber sicher, dass man das in der Mannschaft sehr wohl weiß. Dario Fossi hat es ja schon direkt nach dem Spiel in aller Klarheit und. Deutlichkeit angesprochen.
Fragen wir einmal, welche Erkenntnisse das Hinspiel erbracht hat. Ich meine, eine ganze Menge.
Die Dynamo-Defensive:
Fast die ganze RL-Saison über war die Defensive eigentlich eine Bank, ein richtig guter Rückhalt und das Fundament für die Meisterschaft im Nordosten. Und dann, ohne wirklich erkennbaren Grund plötzlich, genau gesagt nach dem Spiel in Rathenow am 04. April war die gewohnte Sicherheit bis zum Schluss nicht mehr gegeben. Im letzten RL-Spiel (im Jahn-Sportpark gegen Altglienicke) hätte Dynamo auch gut und gerne statt nur zwei Gegentoren auch vier oder fünf kassieren können, allein Torwart Stajila hat das zu verhindern gewusst. Die Abwehr vor ihm war mehrfach nicht im Bilde und ließ beste Einschussmöglichkeiten zu.
Dass Robert Zitarski gleich zwei Kopfballtore gegen groß gewachsene Innenverteidiger (1,87m und 1,89m) und einen 2,04m großen Torwart macht, spricht sehr für den Torschützen, aber gewiss nicht für die Zuordnung und das Stellungsspiel von Dynamos Abteilung Abwehr, zumal den beiden Toren Eckbälle vorausgingen (beim zweiten zunächst kurz gespielt, bevor die Hereingaben über den Torwart hinweg bei Zitarski ankam).
Meine Meinung: „Hohenschönhausen, wir haben ein Problem.“
Das Dynamo-Mittelfeld
Hier gab es in der Endphase der RL-Saison immer wieder Umstellungen, die letztlich nicht wirklich erfolgreich waren. „Doppelsechs“ mit Brandt (6) und Schulz (7) oder doch nicht? Mit Kapitän Pollasch (8) (in der Startformation) oder besser ohne ihn? Am Samstag stand er in der Startelf, wurde aber schon zur Halbzeit ausgewechselt, ohne verletzt zu sein. Ein Dreier- oder doch lieber ein Vierer-Mittelfeld?
Da war zuletzt keine klare Linie erkennbar. Und das war auch am Samstag nicht der Fall.
Joey Breitfeld (14) schien mir am Samstag nur ein schwacher Abklatsch des gleichnamigen rechten Flügelflitzers und Flankengotts zu sein. Die gefürchteten Vorstöße bis zur Grundlinie mit anschließenden scharfen Flanken auf Beck und/oder Bolyki? Waren (so gut wie) nicht zu sehen.
Auch im Mittelfeld waren am Samstag aus meiner Sicht Personalbesetzungen, Abläufe und Automatismen, die schon in den letzten 5 bis 6 Ligaspielen nicht mehr im Lot waren, noch längst nicht wieder gut sortiert. Das und die daraus zwangsläufig resultierenden Unsicherheiten in einer Woche bis zum „Spiel der Spiele“ wieder in Ordnung zu bringen, dürfte ausgesprochen schwierig werden.
Der Dynamo-Angriff
Nicht nur die Angriffspower lebt vom Duo Beck (9) / Bolyki (27), die ganze Spielanlage des BFC ist auf die Vollstrecker-Qualitäten dieses Duos und ganz speziell auf die von Beck ausgerichtet. In Hohenschönhausen haben unsere. Innenverteidiger Appiah (3) und Siala (10) die beiden Angriffsspitzen des BFC weitgehend zur Wirkungslosigkeit verurteilt. Dass sie das auch im Rückspiel schaffen, dürfte maßgeblich für einen erfolgreichen Ausgang der Relegation sein. Von diesen Duellen wird enorm viel abhängen.
Was kann/wird der BFC Dynamo in Oldenburg anders machen?
Trainer Christian Benbennek ist zwar Realist und weiß, dass das Hinspiel seiner Mannschaft in eine äußerst schwierige Ausgangsposition für das Rückspiel eingebracht hat. Aber Aufgeben ist für ihn keine Option und für die Dynamo-Mannschaft auch nicht. Sie werden im Marschwegstadion im letzten und entscheidenden Spiel dieser Saison 2021/22 alles versuchen und alles reinwerfen, was sie haben und können.
Aber, was können Trainer und Mannschaft personell und von der Spielanlage her verändern, um besser ins Spiel zu kommen und die Situation vielleicht doch noch zu drehen?
Ganz sicher können sie die offensive Ausrichtung auf Beck/Bolyki nicht mehr grundsätzlich verändern, allenfalls leicht variieren. Am Samstag wurde Bolyki zur Halbzeit gegen Darryl Geurts (11) ausgewechselt, einen Spieler für die linke Außenbahn. Mehr Raum für Beck in der Mitte und mehr Variabilität im Angriffsspiel, mag die Idee dahinter gewesen sein. Wirklich erfolgreich war die Maßnahme allerdings nicht.
Da nun einmal an der grundlegenden Ausrichtung auf einen zentralen Strafraumstürmer (oder ein zentrales Duo) kurzfristig nichts mehr zu ändern ist, kann man hier allenfalls noch etwas variieren und Abstimmungen festlegen. Ich könnte mir ansonsten gut vorstellen, dass wir Beck und Bolyki wieder gemeinsam im Angriffszentrum sehen werden, dazu rechts und links offensiv ausgerichtete Flügelspieler, d. h. Breitfeld oder Steinborn auf der rechten und Geurts auf der linken Außenposition.
Für eine solche Offensiv-Formation müsste dann eine Position im zentralen Mittelfeld oder in der Abwehr geopfert werden.
Im zentralen Mittelfeld wäre wohl Pollasch der Spieler, den es treffen würde, da wären dann für die mehr defensive Rolle Brandt (6) oder Schulz (7) die Kandidaten der Wahl, für die offensive Position eindeutig Siebeck (18).
Vom Bauch her würde ich allerdings erwarten, dass Trainer Benbennek auf eine Dreierkette in der Abwehr umstellt. Dabei würde (meine Vermutung) ein Außenverteidiger geopfert, am ehesten wohl Wiegel.
Das würde im Mittelfeld einen zusätzlichen Spieler erlauben, womit dann wohl Brandt (6) und Schulz (7) hinter Siebeck spielen würden. Beide sind variabel verwendbar, könnten im Bedarfsfall die Dreierkette in der Abwehr verstärken.
Das wäre jedenfalls meine Aufstellung, um mit dem gegebenen Personal und mit der kurzfristig nicht zu ändernden Grundausrichtung der Spielanlage in eine Aufholjagd zu gehen.
Ich erwarte von Christian Benbennek, dass er von Beginn an „mutig“ spielen lässt und versuchen wird auf ein frühes Tor für den BFC auszugehen. In so einem frühen Tor liegt ganz sicher die beste Chance für seine Mannschaft, das Spiel in die - aus ihrer Sicht - richtigen Bahnen zu lenken. Ohne mindestens eine knappe Halbzeit-Führung (um ein Tor), würde es für den BFC vermutlich von Minute zu Minute schwieriger (und unwahrscheinlicher) werden, die Relegation noch zu reißen.
Und sonst noch?
Umgekehrt gilt natürlich, schafft es der VfB mit dem 2:0 aus dem Hinspiel im Rücken auch im Rückspiel in Führung zu gehen, dann ist er einer erfolgreichen Relegation verdammt nahe gekommen.
Und wir können und werden zeigen, dass es in Oldenburg dann doch deutlich mehr Rückhalt und Unterstützung von den Rängen für unseren Verein gibt als in Hohenschönhausen für den BFC Dynamo!
Vierter und letzter Teil
Nach dem (Hin)Spiel ist vor dem (Rück)Spiel
Die erste Etappe der Relegation liegt hinter der Mannschaft und hinter uns allen. Sie ist vom Spielverlauf und erst Recht vom Ergebnis her viel besser verlaufen, als man überhaupt zu hoffen gewagt hat. Der VfB hat in Hohenschönhausen bewiesen, dass er nicht nur gut mithalten kann. In der Gesamtbetrachtung des Spiels war ein VfB-Sieg ein Ergebnis, das dem Spielverlauf am meisten entsprochen hat.
Aber, es hätte auch anders ausgehen können. Gewonnen hat sicherlich die an diesem denkwürdigen Samstag bessere Mannschaft, aber eben auch die glücklichere Mannschaft. Und letzteres sollte man nicht vergessen oder verdrängen. Ein anderes Ergebnis lag durchaus im Bereich des Möglichen, wenn etwa Dynamos Christian Beck seine eigentlich (fast) 100%ige Chance (Kopfball aus rd. 4m Torentfernung) zum Ausgleich genutzt hätte.
Ich bin mir aber sicher, dass man das in der Mannschaft sehr wohl weiß. Dario Fossi hat es ja schon direkt nach dem Spiel in aller Klarheit und. Deutlichkeit angesprochen.
Fragen wir einmal, welche Erkenntnisse das Hinspiel erbracht hat. Ich meine, eine ganze Menge.
Die Dynamo-Defensive:
Fast die ganze RL-Saison über war die Defensive eigentlich eine Bank, ein richtig guter Rückhalt und das Fundament für die Meisterschaft im Nordosten. Und dann, ohne wirklich erkennbaren Grund plötzlich, genau gesagt nach dem Spiel in Rathenow am 04. April war die gewohnte Sicherheit bis zum Schluss nicht mehr gegeben. Im letzten RL-Spiel (im Jahn-Sportpark gegen Altglienicke) hätte Dynamo auch gut und gerne statt nur zwei Gegentoren auch vier oder fünf kassieren können, allein Torwart Stajila hat das zu verhindern gewusst. Die Abwehr vor ihm war mehrfach nicht im Bilde und ließ beste Einschussmöglichkeiten zu.
Dass Robert Zitarski gleich zwei Kopfballtore gegen groß gewachsene Innenverteidiger (1,87m und 1,89m) und einen 2,04m großen Torwart macht, spricht sehr für den Torschützen, aber gewiss nicht für die Zuordnung und das Stellungsspiel von Dynamos Abteilung Abwehr, zumal den beiden Toren Eckbälle vorausgingen (beim zweiten zunächst kurz gespielt, bevor die Hereingaben über den Torwart hinweg bei Zitarski ankam).
Meine Meinung: „Hohenschönhausen, wir haben ein Problem.“
Das Dynamo-Mittelfeld
Hier gab es in der Endphase der RL-Saison immer wieder Umstellungen, die letztlich nicht wirklich erfolgreich waren. „Doppelsechs“ mit Brandt (6) und Schulz (7) oder doch nicht? Mit Kapitän Pollasch (8) (in der Startformation) oder besser ohne ihn? Am Samstag stand er in der Startelf, wurde aber schon zur Halbzeit ausgewechselt, ohne verletzt zu sein. Ein Dreier- oder doch lieber ein Vierer-Mittelfeld?
Da war zuletzt keine klare Linie erkennbar. Und das war auch am Samstag nicht der Fall.
Joey Breitfeld (14) schien mir am Samstag nur ein schwacher Abklatsch des gleichnamigen rechten Flügelflitzers und Flankengotts zu sein. Die gefürchteten Vorstöße bis zur Grundlinie mit anschließenden scharfen Flanken auf Beck und/oder Bolyki? Waren (so gut wie) nicht zu sehen.
Auch im Mittelfeld waren am Samstag aus meiner Sicht Personalbesetzungen, Abläufe und Automatismen, die schon in den letzten 5 bis 6 Ligaspielen nicht mehr im Lot waren, noch längst nicht wieder gut sortiert. Das und die daraus zwangsläufig resultierenden Unsicherheiten in einer Woche bis zum „Spiel der Spiele“ wieder in Ordnung zu bringen, dürfte ausgesprochen schwierig werden.
Der Dynamo-Angriff
Nicht nur die Angriffspower lebt vom Duo Beck (9) / Bolyki (27), die ganze Spielanlage des BFC ist auf die Vollstrecker-Qualitäten dieses Duos und ganz speziell auf die von Beck ausgerichtet. In Hohenschönhausen haben unsere. Innenverteidiger Appiah (3) und Siala (10) die beiden Angriffsspitzen des BFC weitgehend zur Wirkungslosigkeit verurteilt. Dass sie das auch im Rückspiel schaffen, dürfte maßgeblich für einen erfolgreichen Ausgang der Relegation sein. Von diesen Duellen wird enorm viel abhängen.
Was kann/wird der BFC Dynamo in Oldenburg anders machen?
Trainer Christian Benbennek ist zwar Realist und weiß, dass das Hinspiel seiner Mannschaft in eine äußerst schwierige Ausgangsposition für das Rückspiel eingebracht hat. Aber Aufgeben ist für ihn keine Option und für die Dynamo-Mannschaft auch nicht. Sie werden im Marschwegstadion im letzten und entscheidenden Spiel dieser Saison 2021/22 alles versuchen und alles reinwerfen, was sie haben und können.
Aber, was können Trainer und Mannschaft personell und von der Spielanlage her verändern, um besser ins Spiel zu kommen und die Situation vielleicht doch noch zu drehen?
Ganz sicher können sie die offensive Ausrichtung auf Beck/Bolyki nicht mehr grundsätzlich verändern, allenfalls leicht variieren. Am Samstag wurde Bolyki zur Halbzeit gegen Darryl Geurts (11) ausgewechselt, einen Spieler für die linke Außenbahn. Mehr Raum für Beck in der Mitte und mehr Variabilität im Angriffsspiel, mag die Idee dahinter gewesen sein. Wirklich erfolgreich war die Maßnahme allerdings nicht.
Da nun einmal an der grundlegenden Ausrichtung auf einen zentralen Strafraumstürmer (oder ein zentrales Duo) kurzfristig nichts mehr zu ändern ist, kann man hier allenfalls noch etwas variieren und Abstimmungen festlegen. Ich könnte mir ansonsten gut vorstellen, dass wir Beck und Bolyki wieder gemeinsam im Angriffszentrum sehen werden, dazu rechts und links offensiv ausgerichtete Flügelspieler, d. h. Breitfeld oder Steinborn auf der rechten und Geurts auf der linken Außenposition.
Für eine solche Offensiv-Formation müsste dann eine Position im zentralen Mittelfeld oder in der Abwehr geopfert werden.
Im zentralen Mittelfeld wäre wohl Pollasch der Spieler, den es treffen würde, da wären dann für die mehr defensive Rolle Brandt (6) oder Schulz (7) die Kandidaten der Wahl, für die offensive Position eindeutig Siebeck (18).
Vom Bauch her würde ich allerdings erwarten, dass Trainer Benbennek auf eine Dreierkette in der Abwehr umstellt. Dabei würde (meine Vermutung) ein Außenverteidiger geopfert, am ehesten wohl Wiegel.
Das würde im Mittelfeld einen zusätzlichen Spieler erlauben, womit dann wohl Brandt (6) und Schulz (7) hinter Siebeck spielen würden. Beide sind variabel verwendbar, könnten im Bedarfsfall die Dreierkette in der Abwehr verstärken.
Das wäre jedenfalls meine Aufstellung, um mit dem gegebenen Personal und mit der kurzfristig nicht zu ändernden Grundausrichtung der Spielanlage in eine Aufholjagd zu gehen.
Ich erwarte von Christian Benbennek, dass er von Beginn an „mutig“ spielen lässt und versuchen wird auf ein frühes Tor für den BFC auszugehen. In so einem frühen Tor liegt ganz sicher die beste Chance für seine Mannschaft, das Spiel in die - aus ihrer Sicht - richtigen Bahnen zu lenken. Ohne mindestens eine knappe Halbzeit-Führung (um ein Tor), würde es für den BFC vermutlich von Minute zu Minute schwieriger (und unwahrscheinlicher) werden, die Relegation noch zu reißen.
Und sonst noch?
Umgekehrt gilt natürlich, schafft es der VfB mit dem 2:0 aus dem Hinspiel im Rücken auch im Rückspiel in Führung zu gehen, dann ist er einer erfolgreichen Relegation verdammt nahe gekommen.
Und wir können und werden zeigen, dass es in Oldenburg dann doch deutlich mehr Rückhalt und Unterstützung von den Rängen für unseren Verein gibt als in Hohenschönhausen für den BFC Dynamo!
„Der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen. Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.“
(Albert Camus)
(Albert Camus)
Re: Vorschau BFC Dynamo
Dankeschön Dino!!! Habe deine Vorschau mit Genuß gelesen
VINCIT OMNIA INDUSTRIA